Berlin: Der Fischer und sein Flug
Das Überfliegen des Müggelsees wird vor Gericht verhandelt – und könnte den BER-Start verzögern.
Berlin - Dürfen sie oder dürfen sie nicht? Fast den ganzen Tag über hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Dienstag die Klagen gegen das Überfliegen des Müggelsees und der Wannseeregion verhandelt. Die Klage gegen die Wannseeroute war im Januar vom Verfahren über das Überfliegen des Reaktors des Helmholtz-Zentrums abgetrennt worden. Die Verhandlung zu den aktuellen Verfahren soll am heutigen Mittwoch fortgesetzt werden. Ob es zu einem Urteil kommt, ist ungewiss.
Geklärt werden soll in dem Verfahren, ob vor dem Festsetzen der umstrittenen Flugrouten durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) nach einem Vorschlag der Deutschen Flugsicherung (DFS) eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen wäre. Zudem ging es um die Frage, ob es in einem ausgewiesenem „ruhigem Gebiet“ wie dem Grunewald zusätzlichen Lärm geben darf. Bei der Müggelseeroute ging es auch um die Auswirkungen auf das Trinkwasserschutzgebiet. Hier war umstritten, ob Tegel als Vergleich herangezogen werden kann. Dort fliegen die Maschinen nach dem Start auch vollgetankt ebenfalls über ein Trinkwassesrschutzgebiet. Nach der Wende waren die Verfahren dort einfach übernommen worden; Klagemöglichkeiten gab es nicht.
Das Gericht ließ bisher nicht erkennen, welche Seite am Schluss Recht bekommen wird. Die Kläger, Umweltverbände und Anwohner, am Müggelsee auch ein Fischer, halten die festgelegten Routen weiter für rechtswidrig, das beklagte Bundesamt hält das Verfahren weiter für rechtmäßig.
Das Urteil kann gravierende Folgen haben – wenn die Kläger tatsächlich Erfolg haben sollten. Das Interesse am Dienstag war eher gering. Schon zu Beginn der Verhandlung waren viele Plätze frei geblieben, bis zum Nachmittag lichteten sich die Reihen weiter.
Sollte, wie es die Kläger fordern, eine Umweltprüfung für die Routen nachgeholt werden müssen, dürfte dies nach Ansicht von Experten ein Jahr dauern. Und wenn sich herausstellen würde, dass die Routen dann nicht den Kriterien entsprechen, müssten die Routen neu festgelegt werden. Die Flugsicherung rechnet für diesen Fall mit einem Verfahren, das ein weiteres Jahr dauern würde. Dann könnte eventuell der neue Terminal betriebsbereit sein – und es gäbe kaum Routen, die geflogen werden dürfen. Nur der heutige Verkehr über die bestehende Nordbahn wäre dann möglich.
Eine Umweltprüfung hält auch die EU für erforderlich und hat deshalb ein Verfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. In einer zwei Aktenordner umfassenden Antwort hat das Bundesverkehrsministerium jetzt darauf reagiert und die Bedenken zurückgewiesen. Nun muss die EU entscheiden, wie sie weiter verfährt.
Sollte die Müggelseeroute gekippt werden, müssten auch startende Flugzeuge den Kurs über Erkner nehmen. Dies wollte die Fluglärmkommission vermeiden, die sich für die Müggelseeroute ausgesprochen hatte, weil die Bewohner in Erkner bereits den Krach der landenden Flugzeuge abbekommen. Doppelbelastungen sollten vermieden werden.
Klaus Kurpjuweit
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