Stadtplanung: Der Ernst-Reuter-Platz soll wieder glänzen
Frischer Anstrich dringend benötigt. Vom Ernst-Reuter-Platz blättert der Putz. Und es gibt immer mehr Ideen, wie er neu gestaltet werden könnte.
Der Ernst-Reuter-Platz ist als „Demonstrationsgebiet“ für die Internationale Bauausstellung im Gespräch. Dies sagten die für das Gebiet zuständigen Regionalplaner. Kaum ein Areal könnte dafür besser geeignet sein: Im Zuge eines städtebaulichen Wettbewerbs in den 1950er Jahren ganz im Zeichen der „autogerechten Stadt“ angelegt, stoßen die Planer hier auf ähnlich große Schwierigkeiten wie am Nollendorf- oder am Bundesplatz, die im Zentrum der Tagesspiegel-Serie zu Berlins Plätzen stehen.
Eine Standortkonferenz am Mittwoch könnte die Debatte um den Ernst-Reuter-Platz neu entfachen. Unter den Prominenten auf dem Podium ist der Sohn des früheren Regierenden Bürgermeisters: Ex-Daimler-Chef Edzard Reuter. Wegen des Niedergangs der bis zur Wende wichtigsten Büroadresse West-Berlins soll Reuter schon mal mit dem Entzug des Namensrechtes gedroht haben. Dabei ist er nicht ganz unschuldig am Bedeutungsverlust des Platzes: Edzard Reuter hatte selbst den Anstoß für den Bau des Potsdamer Platzes gegeben – und nun haben die Hochhäuser von Hans Kollhoff und Helmut Jahn am Potsdamer Platz dem Telefunken-Hochhaus der früheren Stararchitekten Paul Schwebes und Hans Schoszberger den Rang abgelaufen.
Seit der Wende ist der Ernst-Reuter-Platz in Vergessenheit geraten - und wie zahlreiche andere Berliner Plätze immer mehr verkommen. Dabei haben Technische Universität, Universität der Künste, vor allem aber zahlreiche Forschungsinstitute und Start-ups hier ihren Sitz. Wer weiß schon, dass jedes Jahr Träger des Nobelpreises Vorträge in der Physikalisch-technischen Bundesanstalt in der nahe gelegenen Abbestraße halten? Stattdessen prägt das mit Planken zugenagelte Erdgeschoss am Ernst-Reuter-Platz 6 das Bild: ein mutmaßlich Asbest belastetes Gebäude aus dem Eigentum der Investorenfamilie Pepper.
Ein Neubau an dessen Stelle, vielleicht sogar ein Turm, der zusammen mit dem Telefunken-Hochhaus ein Tor zur Stadt bildet, sowie Wohnungen für Studenten und ergänzende Bauten im Norden – Ernst-Reuter-Platz und der Campus Charlottenburg könnten Bausteine für eine IBA liefern, sagt Reiner Emenlauer Chef des Planungsbüros Prostadt. Und Dirk Spender, Chef des Regionalmanagements City-West, berichtet von der Idee breiterer Fahrradwege, die eine Umfahrung des Rondells in beide Richtungen erlauben würden. Auch Pläne für eine Fußgängerampel am nördlichen Rand des Runds gibt es. So könnten Flaneure das Grün im Zentrum der vier Autospuren über einen Fußgängerweg erreichen – bisher führt dort nur ein düsterer U-Bahn-Tunnel hin. „Die Parteien im Bezirk waren dafür, auch die Verkehrsleitung sah keine Probleme“, sagt Hans-Gerd Rudat vom „Aktionsbündnis Ernst-Reuter-Platz“. Nur das Geld fehlt. Dabei kamen stets viele Besucher zu den Aktionen, die in diesem Jahr auf der Mittelinsel stattgefunden haben. Die Architekten bauten eine Bar auf, eine Bühne für Bands und gaben das Becken frei für Wasserspiele mit Luftmatratzen.
Auch Senatsbaudirektorin Regula Lüscher will, dass der „öffentliche Raum attraktiver gestaltet und vielfältig nutzbar“ wird. Cafés und Geschäfte in den Erdgeschossen sind in Planung. Auch ein Wettbewerb soll in Abstimmung mit einer „Standortgemeinschaft der Anrainer“ Ideen für die Belebung des Areals liefern. Für Lüscher ist der Ernst-Reuter-Platz ein guter Standort für „wissenschaftsaffine Wirtschaftsunternehmen“. Das neue Charlottenburger Gründungs- und Innovationszentrum in der nahe gelegenen Bismarckstraße soll die Marktchancen der an TU und UdK geborenen Geschäftsideen prüfen – und auf den Weg bringen.
Urs Kohlbrenner, der als Stadtplaner das Regionalmanagement unterstützt, fordert die Aufhebung der „Denkverbote“ am Ernst-Reuter-Platz – und bringt kraftvolle Bilder ins Spiel: Neubauten zwischen Randbauten und Fahrbahnen sowie ein Abriss des Flachbaus der TU am südöstlichen Rand des Platzes. Der Altbau schnürt den Platz von seiner historischen Lebensader ab, die diesen bis zur Neugestaltung in den 60er Jahren mit dem Zoologischen Garten verband: über die Hertzallee. Diese reizvolle Idee hatte Kohlbrenner bereits bei früheren Versuchen einer Belebung des Areals aufgeworfen, stieß aber auf Widerstände bei der TU. Und beim Denkmalschutz – diesen würde schon eine Verschiebung der in Beton gegossenen Blumenkübel vergrätzen.
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