Neue Betreiber für Flüchtlingsheime: Der billigste Anbieter kommt zum Zug
In vier Heimen für Flüchtlinge wechselt nach kurzer Zeit schon wieder der Betreiber. Einziges Kriterium für den Zuschlag: der Preis.
So langsam haben sie sich kennengelernt, die 389 Flüchtlinge im Heim in der Heerstraße und ihre Helfer. Sozialarbeiter, Betreuer, Sicherheitspersonal. Viel Zeit gab es nicht, das frühere Verwaltungsgebäude wurde erst Ende 2016 belegt. Aber jetzt müssen sie umdenken, diese Flüchtlinge. Ab April kommen neue Erzieher, neue Sozialarbeiter, neue Helfer.
Und wenn die Flüchtlinge Pech haben, verschwinden auch diese Helfer in ein paar Monaten wieder. Dann steht der nächste Personaltausch an. „So eine Situation wünscht man den Bewohnern nicht, das bedeutet ja einen Verlust an Bezugspersonen“, sagt Manfred Nowak, der Vorstandsvorsitzende der AWO Mitte, die seit Jahrzehnten Heime betreibt.
Ein Betreiberwechsel steht noch in drei weiteren Heimen an, auch dort nach nur drei Monaten. Die neuen Träger, also die neuen Betreiber, haben eine Ausschreibung gewonnen. Alles das ist Teil eines großen Plans. Der Betrieb von 18 Heimen wurde in den vergangenen Wochen mit einem vereinfachten Modus ausgeschrieben, darunter sind auch die vier Heime, die jetzt schon belegt sind. Die anderen 14 – „modulare Unterkünfte für Flüchtlinge“ (MUF) und Tempohomes – werden in den nächsten Wochen erstmals bezogen. Jetzt stehen die Sieger der Ausschreibung fest.
Einziges Kriterium für den Zuschlag: der Preis. Der billigste Anbieter kam zum Zug. Für sechs beziehungsweise neun Monate, so lange dauert der Vertrag. Dann folgt die kompliziertere, EU-weite Ausschreibung für die gleichen Heime.
Interimsbetreiber mit allen dazugehörigen Mängeln
Alles ist eine Folge der ursprünglichen Ausschreibung. Die war so schlampig formuliert, dass unterlegene Bewerber die Prozedur vor Gericht erfolgreich attackierten. Also musste neu ausgeschrieben werden. Und weil Zeitdruck herrschte, erst mal auf vereinfachte Weise. Für die Übergangszeit gibt es Interimsbetreiber, mit allen dazugehörigen Mängeln. „Eine kurzfristige Dauer des Betriebs ist negativ für beide Seiten“, sagt Volker Billhardt, Geschäftsführer desLandesverbands Berlin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). „Man kann keine nachhaltige Arbeit bei der Betreuung aufbauen.“ Außerdem bedauert er, „dass nur noch der niedrigste Preis ausschlaggebend ist“. Das DRK betreibt mehrere Heime in Berlin. Sowohl AWO Mitte als auch DRK argumentieren aber auch in eigener Sache: Sie kamen bei der aktuellen Ausschreibung nicht zum Zug.
Sascha Langenbach, Sprecher des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten, verteidigt die Vergabe. Da es Ende 2016 darum gegangen sei, die vier bezugsfertigen Heime über Winter nicht leer stehen zu lassen, habe man für drei Monate einen Betreiber gesucht. „Jeder wusste, dass es nur für eine kurze Zeit ist.“ Und jeder Betreiber habe sich um einen weiteren Zuschlag bewerben können.
Da aber nur der Preis entscheidend war, tritt jetzt in Berlin ein Träger auf, der völlig neu ist. Die C.U.B.Ag GmbH übernimmt das Heim in der Heerstraße. Auch Langenbach kannte das Unternehmen vorher nicht. „Aber sie hat Erfahrung in der Vermittlung von Menschen mit Behinderungen.“ Bei der Betreuung eines Flüchtlingsheims müsse sie aber „sicher noch etwas dazulernen“.
Er sieht auch keinen Anlass zu der Befürchtung, dass die Qualität der Heim-Betreuung leide, wenn es allein um den billigsten Anbieter gehe. „Es gibt Mindeststandards für alle Betreiber.“ Das Zahl der Mitarbeiter wird durch einen Personalschlüssel festgelegt. „Es kann allerdings individuell festgelegt werden, welche Stellen man besetzt“, sagt Langenbach. „Es kann sein, dass im einen Heim mehr Sozialarbeiter gebraucht werden als woanders und im anderen mehr Kitabetreuer.“ Auch der Mindestlohn sei vorgeschrieben. Stellt sich die Frage, wo ein Betreiber sparen kann, damit er billigster Anbieter wird. Langenbach dazu: „An der Gewinn-Erwartung.“
Bei der EU-weiten Ausschreibung werden dann auch explizit Qualitätskriterien bei der Vergabe berücksichtigt. Wie sehen die aus? Langenbach muss passen. „Das wird noch im Detail ausgearbeitet.“