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Halt mal. Das ist der Eingang zum neuen White Trash.
© dpa

Das neue White Trash: Das vergebliche Warten auf ein Essen

Das alte White Trash in der Schönhauser Allee war legendär. Das neue hat anscheinend mit Startschwierigkeiten zu kämpfen, wie ein Besuch jetzt zeigte.

In anderen Metropolen dieser Welt ist es seit Jahrzehnten üblich: Wer einen Tisch in einem Restaurant reserviert, darf noch lange nicht den ganzen Abend dort sitzen bleiben. Zwei Stunden hat man für Speis und Trank; und dann geht’s ab in die nächste Bar oder ins Bett. Macht der Gast keine Anstalten zu gehen, hilft der Service nach und legt die Rechnung auf den Tisch, obwohl gar nicht danach gefragt worden ist. In angesagten Berliner Restaurants wie dem „Neni“ im frisch eröffneten Bikini-Haus, wo man so schön von oben auf den Zoo schauen kann, ist das zeitliche Limit inzwischen ebenso üblich. Schon bei der Reservierung erfolgt der Hinweis, dass der Gast nur ein begrenztes Zeitfenster zum Konsumieren einzuhalten hat. Manchmal reicht dieses allerdings ganz und gar nicht.

So erging es am Wochenende einer vierköpfigen, Generationen übergreifenden Gruppe im neuen „White Trash“ in Treptow. Sie mochten den alten Laden an der Schönhauser Allee sehr, jetzt wollten sie den vor einem Monat eröffneten Standort kennen lernen, so wie viele andere Gäste auch. Die Vorfreude auf Burger, Chicken und Fuck You Fries war groß. Nach knapp anderthalb Stunden stand aber immer noch nichts von all dem auf dem Tisch. Der Kellner hatte zuvor mehrmals versichert, gleich sei es soweit. Ein anderer Mitarbeiter, der ein bisschen mehr zu sagen hatte, meinte ein wenig später, in zehn Minuten komme das Essen. Und, klar, zwei Desserts gingen auf’s Haus. Die Gruppe bestellte noch einmal was zu trinken. Wer will sich schon den Abend verderben lassen, bloß weil es ein bisschen dauert?

Aber Essen gab es auch nach einer weiteren halben Stunde nicht. Dafür die Auskunft, dass es wirklich nur noch wenige Minuten dauern werde und die Bestellung aufs Haus gehe. Wie nett! Nach fünf Minuten brachte der Mann keine dampfenden Teller, sondern eine Korrektur der Auskunft. Es gehe nicht komplett aufs Haus, sondern nur zu 50 Prozent. Schon okay! Aber als die vier 20 Minuten später weiter hungrig waren, standen sie dann doch auf, um zu gehen. Inzwischen war man bei zweieinhalb Stunden Wartezeit angelangt. Okay, Ihr könnt den Euro Eintritt wiederhaben, sagte der Türsteher. Okay, wir haben gerade erst neu eröffnet und viel zu viele Reservierungen, sagte der Eigentümer. Okay, Ihr habt Euer Zeitfenster eindeutig überzogen, beschlossen die Gäste. Und den Euro könnt Ihr behalten.

Sigrid Kneist

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