Doppelhaushalt 2012/13: Das Rathaus Wilmersdorf wird verkauft
Die City-West verhängt Investitionsstopp wegen 24 Millionen Euro Defizit im Doppelhaushalt. Ein Rathaus muss aufgegeben werden, um Unterhaltungskosten zu senken. Auch in anderen Bezirken ist die Finanzlage angespannt.
Der City-West stehen dramatische Einschnitte bevor. Um das Defizit von rund 24 Millionen Euro abzufangen, sollen alle Investitionen auf null gefahren werden. Die Mittel für die Unterhaltung der Schulen und anderer öffentlicher Bauten werden drastisch gekürzt. Zudem soll das Rathaus Wilmersdorf verkauft werden, um jährliche Unterhaltungskosten von zwei Millionen Euro zu sparen. Dies hat das Bezirksamt von Charlottenburg-Wilmersdorf am Dienstag beschlossen. Dem Haushaltsentwurf muss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) allerdings noch zustimmen. Auch andere Bezirke verhandeln über ihre Haushalte, die dem Senat im März vorgelegt werden müssen.
„Wir haben die Reißleine gezogen“, kommentierte der Bürgermeister von Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinhard Naumann (SPD), die harten Beschlüsse. Sein Bezirk will jetzt zur „Grundsatzdebatte“ über die Bezirksfinanzierung aufrufen. Er kritisiert, dass die Bezirke pro Einwohner unterschiedlich viel Geld vom Land erhalten. „Wenn wir so viel bekämen wie beispielsweise Lichtenberg, hätten wir keine Probleme“, sagte er dem Tagesspiegel. Die aktuellen Einsparungen seien der „finale Glockenschlag“ angesichts der Deckungslücke von je zwölf Millionen Euro 2012 und 2013. Charlottenburg-Wilmersdorf ist der letzte Bezirk, der jetzt seine eigene Gärtnerei aufgibt.
„Der Bezirk hat zu spät umgesteuert“, kritisierte Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) die langjährige SPD-Mehrheit im Bezirk. Dies gelte etwa für den Immobilienverkauf. Ihn trifft die 20-Prozent-Kürzung der Unterhaltung im Hoch- und Tiefbau besonders hart. Für Renovierungen bleibe kaum Geld übrig, fürchtet Gröhler.
Ob die BVV die Beschlüsse mitträgt bleibt abzuwarten. Sie selbst ist auch betroffen, weil sie ihren Sitzungssaal im Rathaus Wilmersdorf hat. Das repräsentative Gebäude am Fehrbelliner Platz war 1942 für die Reichsarbeitsfront gebaut worden und beherbergte bis 1954 die britische Stadtkommandantur. Dann zog das Rathaus ein, weil sein altes Gebäude im Krieg zerstört worden war. Jetzt sind dort unter anderem Schul- und Jugendamt untergebracht. Die Behörden müssen in das Rathaus Charlottenburg oder das Verwaltungsgebäude am Hohenzollerndamm umziehen. Diese „Verdichtungen“ würden zunächst Kosten verursachen, langfristig aber Geld sparen, betont Gröhler.
Harte Einschnitte stehen auch in anderen Bezirken an. Tempelhof-Schöneberg etwa muss 2012/13 je zehn Millionen Euro einsparen. Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) sagte auf Anfrage, es würden rund 120 freie Stellen nicht mehr besetzt. Dies bedeute, dass sich die Öffnungszeiten der Ämter verkürzten und die Wartezeiten verlängerten.
Friedrichshain-Kreuzberg hat sein Ziel bekräftigt, weder Einrichtungen zu schließen noch Angebote zu streichen. Ein Teil der Einsparsumme 2012 solle durch ein effizienteres Gebäudemanagement erbracht werden, sagte Bürgermeister Franz Schulz (Grüne). Das reiche aber nicht, um die benötigten 18 Millionen Euro zusammenzubekommen. Im August 2012 will er mit dem Bezirksamt zu weiteren Haushaltsberatungen in Klausur gehen.
Lichtenberg ist da weiter. Bürgermeister Andreas Geisel (SPD) sprach am Dienstag von etwa 4,4 Millionen Euro, die insgesamt 2012/13 fehlen. Beschlossen wurde, dass drei Straßenbauinvestitionen auf 2014 verschoben werden. Zudem werden die Monatsbeiträge für die Musikschulen von 58 auf 64 Euro pro Monat erhöht, um die vom Senat festgelegten Honorarsteigerungen aufzufangen. Der Medienetat für die Bibliotheken wird leicht gesenkt. Zudem wird die Fassadensanierung am Gesundheitsamt aufgeschoben.
Reinickendorf ist – wie Steglitz-Zehlendorf – in der komfortablen Situation, dass ein Millionenüberschuss aus Vorjahren zur Verfügung steht. Dennoch komme man nicht ohne Stellenkürzungen aus, kündigten die Bürgermeister Frank Balzer und Norbert Kopp (beide CDU) an.
Treptow-Köpenick fehlen für 2012 rund drei Millionen Euro. Hier wird etwa bei den Grünflächen gespart. Ansonsten wisse man noch nicht genau, „woher das Geld kommen soll“, sagte Bürgermeister Oliver Igel (SPD). An die drohenden Einschnitte in 2013 mag das Bezirksamt „noch gar nicht denken“. In Spandau konnte sich das Bezirksamt am Dienstag auf keinen Haushaltsentwurf einigen. Jetzt ist die BVV gefragt, auf welche Weise rund drei Millionen Euro in beiden Jahren gespart werden sollen. Auch Mitte war gestern noch nicht beschlussfähig. Der Bezirk hat seit Jahren keinen ausgeglichenen Haushalt und hohe Schulden.