Streit um Notbetreuung in Berliner Kitas: „Das ist ein unlösbarer Konflikt“
Eine Kita-Geschäftsführerin erklärt, warum die Vorgaben des Senats nicht einzuhalten sind – und was sie jetzt tut.
Renate Wilkening, 68, ist Geschäftsführerin des Kitaträgers „Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum in der Ufa-Fabrik“, der vier Kitas unterhält.
Frau Wilkening, seit heute ist die Zahl der Kinder, die in eine Kita dürfen, wieder angestiegen. Ihr Träger betreibt vier unterschiedlich große Kitas, bekommen Sie alle Kinder unter?
Ausgeschlossen. Unsere beiden größten Kitas haben jeweils insgesamt mehr als 200 Plätze. Wir dürfen, wenn man die Vorgaben der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie zu Personal und Hygieneschutzmaßnahmen beachtet, jeweils 55 Kinder aufnehmen.
Wir haben aber jetzt schon 82 beziehungsweise 86 Anmeldungen von anspruchsberechtigten Kindern allein für diese Kitas. Also, wie soll das gehen? Das ist ein unlösbarer Konflikt. Wir können also die Vorgaben nicht einhalten, wenn wir alle Kinder aufnehmen. Andererseits wollen wir die Eltern auch nicht im Regen stehen lassen, wir haben ja Verträge mit ihnen.
Für eine Lösung müssen Sie sich aber entscheiden.
Genau, deshalb haben wir bei der Senatsverwaltung auch Ausnahmegenehmigungen beantragt. Wir möchten zum Beispiel eine Erhöhung der Gruppengröße von jeweils fünf auf 15 Kinder, und wir benötigen die Erlaubnis, dass sich Personal und Kinder, die ansonsten in den Gruppen aufgeteilt sind, vermischen dürfen, auch wenn sich dadurch natürlich die Gefahr einer Infektion vergrößert.
Vor allem aber wollen wir die Öffnungszeit für unsere größte Kita, die bisher von sechs bis 18 Uhr dauert, auf acht bis 17 Uhr begrenzen, sonst schaffen wir es mit unserem Personal nicht. In dieser Kita gehören einige Mitarbeiter zu einer Risikogruppe.
Wie gehen Sie mit Menschen um, die zu einer Risikogruppe gehören?
Wir schicken Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die älter sind als 55 Jahre beziehungsweise, die altersunabhängig Vorerkrankungen haben, zur Betriebsärztin. Die muss uns als Arbeitgeber mitteilen, ob die Betroffenen weiterhin mit Kindern arbeiten sollten.
Wenn sie bei der Betriebsärztin waren, gibt es durch unseren Arbeitssicherheitsbeauftragten eine Gefährdungsbeurteilung. Selbst wenn jemand von der Ärztin grünes Licht bekommen hat, muss er noch eine Erklärung unterschreiben, dass er weiter mitarbeiten will.
Haben Sie Mitarbeiter, die vom Betriebsarzt abgezogen worden sind?
Nein, zum Glück bisher noch nicht. Doch wenn jemand ausfallen sollte, müssen wir Kinder aus verschiedenen Gruppen, aber auch ihre Erzieher, zusammenlegen. anders geht es nicht. Eine Durchmischung können wir dann nicht mehr verhindern.
Wie sieht die Situation in ihren anderen Kitas aus? Die sind ja kleiner.
Wir haben eine mit zwölf Kindern, von denen sind derzeit acht da. Da gibt es keine Probleme, die Hygienestandards einzuhalten. Wir haben auch noch eine Kita mit 80 Plätzen, in der müssen wir 30 Kinder in der Notbetreuung aufnehmen. Das funktioniert derzeit, sie sind alle in ihren normalen Gruppen.
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Aber wenn mehr Kinder die erweiterte Notbetreuung in Anspruch nehmen, bekommen wir personell große Schwierigkeiten. Aber ein großes Problem gibt es in dieser Kita jetzt schon, und das empfinde ich als dramatisch.
Welches Problem?
Wir kommen dort bei den sanitären Anlagen an unsere Grenzen. Wenn man die Hygienestandards anlegt, haben wir für die Kinder zu wenig Waschmöglichkeiten. Das führt natürlich dazu, dass sich die Kinder beim Händewaschen viel näher kommen, als es vorgesehen ist.
Was machen Sie eigentlich, wenn die Senatsverwaltung ihre Anträge auf Ausnahmegenehmigungen ablehnt?
Dann bin ich hilflos. Dann müssen wir uns mit den Eltern zusammensetzen.
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