Warnung an Rot-Rot-Grün: "Dann wird das Schulessen weggeworfen"
Wurde in Berlin das kostenlose Schulessen übereilt eingeführt? Der Grundschulverband warnt mit einem offenen Brief vor negativen Folgen.
Nach den Caterern, den Neuköllner Erzieherinnen und dem Bündnis für den Ganztag hat nun auch der Grundschulverband die Koalitionäre eindringlich aufgefordert, das Schulessen nur schrittweise beitragsfrei zu machen. Bereits der Einstieg in die "grundsätzlich begrüßenswerte" kostenlose Ganztagsbetreuung sei an vielen Schulen aufgrund der steigenden Schülerzahlen und der fehlenden Pädagogen nur um den Preis einer verschlechterten Betreuungsqualität umsetzbar, lautet die Analyse der Schulleiter.
Davon betroffen seien insbesondere Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, weil Fachkräfte fehlten. Das nun noch hinzukommende kostenlose Schulmittagessen werde weitere negative Folgen haben. Das erwartet der Verband, weil die räumlichen sowie die personellen Ressourcen jeder einzelnen Schule nicht vorab geprüft wurden. Schon jetzt hätten die Bezirke das Problem, für die zusätzlichen Schüler ausreichend Schul- und Ganztagsplätze zur Verfügung zu stellen. Die Bildungsverwaltung will mit "Regionalen Werkstätten" Problemen abhelfen.
Vier unerwünschte Begleiterscheinungen
Die Schulleiter nennen vier unerwünschte Begleiterscheinungen der "überstürzt" eingeführten Kostenfreiheit: die Verschlechterung des pädagogischen Ganztagsangebots, da die ohnehin knappen Mitarbeiter über einen langen Zeitraum mit der Essensbetreuung beschäftigt sein werden; überdehnte Essenszeiten, weil die Kinder in mehreren Schichten essen müssen sowie die Vernichtung von sehr viel Essen, da Kinder - selbst bei Anmeldung - nicht zum Essen erscheinen müssen, "so dass dann große Mengen an Nahrungsmitteln weggeworfen werden müssen".
Eine weitere Befürchtung besteht darin, "dass kleinere Caterer, die bekannt sind für ein qualitativ gutes Essensangebot, diese Essensmengen aufgrund fehlender Kapazitäten nicht bewältigen können, so dass die Gefahr einer Monopolbildung besteht".
"Wir können nicht mehr zurück"
Aufgrund dieser vier Begleiterscheinungen und Risiken "bitten" die Grundschulleiter die drei Koalitionsvorsitzenden, ihren Beschluss zu überdenken und das kostenlose Mittagessen nur schrittweise einzuführen.
Alternativer Vorschlag - Eine Schule schreibt in ihr Schulprogramm, dass die gemeinsame Einnahme eines Mittagessens zum Unterrichtkonzept gehört. Die elterlichen Beiträge zum Schulessen sind somit Voraussetzung für den Schulbesuch. Somit auch steuerlich absetzbar.
schreibt NutzerIn Maria_M
Dass die Mahnungen fruchten, gilt als unwahrscheinlich, weil die Koalitionäre nach einem ähnlichen Appell des Bündnisses für den Ganztag vor zehn Tagen ebenfalls nicht einlenkten. Insbesondere SPD und Linke beharren auf ihrer Einschätzung, dass die Kostenbefreiung wichtiger sei als das "Umsetzungschaos" vor Ort, vor dem die Betroffenen warnen. Man könne jetzt auch nicht mehr zurück, weil die Eltern sich finanziell darauf eingestellt hätten, meine Regina Kittler (Linke).
Einer der Auslöser für die Entscheidung, das Mittagessen für Schulkinder kostenlos anzubieten, waren die Probleme mit Eltern, die sich weigern, ihren Essensbeitrag zu zahlen.
Den offenen Brief des Grundschulverbandes finden sie HIER
Den offenen Brief des Bündnisses für den Ganztag finden Sie HIER
Den offenen Brief der Neuköllner Erzieherinnen finde Sie HIER
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