"Bürgerplattform" im Abgeordnetenhaus: Czajas Versprechen: In drei Tagen wird es besser mit den Schlangen am Lageso
Die Bürgerplattform Berlin nimmt Politiker in die Mangel, freundlich, aber sehr bestimmt. Am Donnerstag war Sozialsenator Mario Czaja von der CDU an der Reihe. Eine Reportage.
30 Menschen haben sich im Foyer des Abgeordnetenhauses versammelt, viele von ihnen stammen aus Ländern außerhalb Europas. Sie haben sich vorgenommen, mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) über die Zustände am Lageso zu sprechen. Sie haben ihr Kommen angekündigt, aber keinen Termin. Das ist am Tag der entscheidenden Haushaltsdebatte auch ziemlich unmöglich.
Solche Aktionen macht die "Bürgerplattform Berlin", eine unabhängige Vereinigung von Bürgern, religiösen Gemeinden und Vereinen, um ganz konkrete Dinge zu erreichen. Diesmal lautet das Ziel: "Die unmenschliche Wartesituation am Lageso muss beendet werden: Jetzt!"
"Charmant" bleiben beim Argumentieren
Susanne Sander vom Deutschen Institut für Community Organizing, das die Bürgerplattform unterstützt, macht eine kleine Choreographie: "Ihr müsst euch im Halbkreis aufstellen", die beiden Wortführer nach vorne, ruhig und "charmant" bleiben beim Argumentieren, auf keinen Fall unsachlich werden oder gar beleidigend.
Das Büro des Regierenden ist informiert, Sander hält Kontakt übers Handy. "Müller kommt gleich", sagt sie, einige Minute später die Absage, "doch nicht". Er werde wohl seine persönliche Referentin schicken. Enttäuschung an der Basis. Müllers Referentin kommt, sie wiederholt, was ihr Chef gerade im Plenarsaal versprochen hat. "Die Zelte am Lageso sollen so schnell wie möglich geöffnet werden..." - "Wann?", fragen die Bürger. Das könne sie leider nicht sagen, aber sie werde das klären, wenn es geht, heute noch. Die Referentin bittet um Vertrauen zum Regierenden, "er meint es ernst", aber die Mitglieder der Plattform wollen klare Zusagen hören.
"Wir wollen keine Schlangen mehr sehen."
Plötzlich kommt die Nachricht, Sozialsenator Mario Czaja von der CDU werde gleich kommen, "in fünf Minuten". Er kommt sogar schneller. Die Wortführer, Sozialpädagoge Fabian Jain und Gülhanim Karadumar-Cerkes, die im Vorstand der Sehitlik-Moschee sitzt, postieren sich, um den Senator - hart, aber fair - in die Mangel zu nehmen. "Kommen sie ihrer Verantwortung nach, beenden sie die Zustände. Wir wollen keine Schlangen mehr sehen", sagt Jain. Er spricht schnell und sehr bestimmt. Czaja antwortet ruhig, mit leiser Stimme. "Für viele gibt es keine Notwendigkeit zu warten, weil die Kostenübernahmen in den Unterkünften verlängert werden."
Mit dieser Antwort hatten sie schon gerechnet, die Aktion ist gut vorbereitet. Jain lässt nicht locker: Die Schlangen seien eine Tatsache, die Kostenübernahmen funktionierten nicht so wie Czaja es darstelle. Und dann erklärt der Senator, dass von den vielleicht 150 Trägern von Flüchtlingsunterkünften einige noch nicht mitbekommen hätten, dass die Verlängerung der Kostenübernahmen per Fax möglich seien.
Dann kommt die Zusage: Die Zelte werden öffnen
"Der Flüchtlingskoordinator Dieter Glietsch redet mit der Polizei über das Problem mit den Zelten." Aha, es geht also um Sicherheitsfragen. "Wann werden die Zelte geöffnet?", wollen die Bürger wieder wissen. Und schließlich macht Czaja eine konkrete Ankündigung: "In drei Tagen sollte es abgeschlossen sein", in drei Tagen sollten die Zelte öffnen. "Drei Tage, drei Tage", wiederholen einzelne Teilnehmer der Runde. An dieser Aussage wird Czaja jetzt gemessen. Das Gespräch geht noch weiter, aber das Ziel ist schon erreicht.
Jain händigt Czaja noch einen symbolischen Karton mit 101.000 Unterschriften einer Petition aus, gesammelt innerhalb von 14 Tagen auf einer Online-Plattform. Im nächsten Jahr, sagt Jain, werde man vielleicht ein Volksbegehren starten, damit Berlin endlich ein richtiges Flüchtlingskonzept bekommt, mal sehen.