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Jürgen Elsässer, Herausgeber des Magazins Compact.
© Sebastian Willnow/dpa

Geheime Einladung: Compact lädt AfD zum Nachhilfe-Seminar ein

Einladung nach Goslar: Das Rechtsaußen-Magazin „Compact“ will AfD-Parlamentariern "Grundlagenwissen in der Frage Realpolitik/Fundamentalopposition vermitteln".

Alexander Gauland wird nicht kommen. Der Chef der Brandenburger AfD-Landtagsfraktion und hiesige Spitzenkandidat zur Bundestagswahl wird auf keinen Fall zu dem Treffen nach Goslar reisen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich Anfang August Zeit für ein Seminar haben werde“, sagte Gauland am Freitag. Er sei schließlich mitten im Wahlkampf. Den Termin kenne er auch nicht. „Ich höre das zum ersten Mal.“ Das allerdings kann daran liegen, dass Gauland als bekennender E-Mail-Verweigerer gilt.

Im Verteiler müsste er sein. Es geht um ein Seminar für AfD-Parlamentarier aus ganz Deutschland, das vom rechtspopulistischen Monatsmagazin „Compact“ am 5. und 6. August in Goslar veranstaltet wird. Die Veranstaltung zum Thema „Realpolitik und Fundamentalopposition“ soll nicht publik werden, alles diskret ablaufen. Man will unter sich sein.

So steht es in einer dem Tagesspiegel vorliegenden E-Mail-Einladung, die Chefredakteur Jürgen Elsässer „an die AfD-Landtagsabgeordneten“ verschickte: „Es ergehen nur persönliche Einladungen an die Landtagsabgeordneten der AfD und aussichtsreichen Bundestagsabgeordneten der AfD“.

Bei Letzteren sind wohl Kandidaten gemeint. „Charakter des Seminars: Es wird keine öffentliche Einladung und keinerlei Berichterstattung geben. Medienvertreter sind ausgeschlossen. Dadurch haben wir die Möglichkeit zu einer offenen Aussprache.“ Liest man die Einladung, läuft es offenbar auf eine Art Nachhilfewochenende für AfD-Abgeordnete hinaus.

Als „Ziel des Seminars“ wird Folgendes formuliert: „Den Parlamentariern Grundlagenwissen in der Frage Realpolitik/Fundamentalopposition zu vermitteln, so dass sie Fallen und Verlockungen der Systemanpassung (die gerade keine Realpolitik ist) erkennen können.“ Und eine „offene Diskussion“ ist laut Programm zu folgender Frage geplant: „Ist eine 51-Prozent-Mehrheit in Europa für patriotische Parteien bzw. konkret in Deutschland für die AfD in absehbarer Zeit vorstellbar?“, heißt es. „Wenn nicht, wie erreichen wir dann reale politische Veränderungen?“

Auf der Homepage des Magazins findet sich kein Hinweis auf den Termin

Das alles passt zum Profil, zur Stoßrichtung von „Compact“ und seines Chefredakteurs. Die monatlich erscheinende Publikation, die sich als „Magazin für Souveränität“ bezeichnet, präsentiert sich seit 2015 als Sprachrohr der AfD und der islam- und flüchtlingsfeindlichen Pegida-Bewegung. Elsässer trat dort selbst auf Kundgebungen auf.

Das Magazin wirbt für sich mit dem gleichen Slogan wie die AfD: „Mut zur Wahrheit.“ Die Auflage wird auf 40.000 geschätzt. Der Verlag, der „Compact“ vertreibt, hat in Werder/Havel sein Domizil. Wissenschaftler bezeichnen es auch als „Querfront“-Magazin, weil es Brücken zwischen der extremen Linken und der extremen Rechten schlägt. Elsässer selbst war viele Jahre linker Publizist, schrieb für die „Junge Welt“ und das „Neue Deutschland“, ehe er sich dem Rechtspopulismus und Rechtsextremismus zuwandte, samt Hang zu Verschwörungstheorien.

Die Einladung Elsässers für das „Compact“-Seminar in Goslar zeugt von Geheimniskrämerei. Auf der Homepage des Magazins findet sich kein Hinweis auf den Termin. In der Einladung wird als Ort „ein schönes Hotel in Goslar“ angegeben. „Alle weiteren Details“ sollen nach Anmeldung folgen. Angekündigt wird das „Grußwort eines Landesvorsitzenden“. Ein Name wird nicht genannt. Über die Dänische Volkspartei wird laut Einladung „ein Landtagsabgeordneter“ referieren, wieder kein Name. Für den Vortrag „Aufstieg und Untergang der Republikaner: Die Rolle von Verfassungsschutz und Abgrenzungsbeschlüssen“ macht man es spannend. Als Referent wird ein „Insider“ angekündigt.

Für alles werden 155 Euro für „Compact-Abonnenten“ oder 195 Euro für „Nicht-Abonnenten“ verlangt. Ob sich 50 bis 60 Teilnehmer gefunden haben, jeder der persönlich eingeladenen AfD-Parlamentarier darf einen Vertrauten mitbringen, ist unklar. Eine Anfrage an Elsässer, wie viele Landtagsabgeordnete und AfD-Bewerber für den Bundestag ihre Teilnahme zugesagt haben, blieb am Freitag unbeantwortet.

Einer überlegt zumindest, ob er hinfährt, nämlich Andreas Kalbitz, der im Frühjahr Gauland als Brandenburger AfD-Landeschef beerbte, auch Vize-Chef der Landtagsfraktion ist, wie Gauland als Hardliner gilt. „Ich habe die Einladung bekommen. Ich entscheide über Termine aber immer erst drei, vier Tage vorher“, sagte Kalbitz. „Ich weiß noch nicht, ob ich teilnehme.“

Zum Thema des Seminars „Fundamentalopposition/Realpolitik“ vertritt Kalbitz eine dezidierte Position. „Das ist doch eine Placebo-Diskussion. Eine solche Trennung ist Unsinn.“ Da sei er mit Gauland einer Meinung. „Natürlich wird es für die AfD irgendwann um eine Regierungsbeteiligung gehen“, sagte Kalbitz. „Sonst kann man es gleich lassen, eine Partei zu gründen.“

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