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Reinkommen zum Rausgucken. Im Amerika-Haus wird es für die Galeriebesucher auch ein Café geben.
© Simulation: promo

Galerie am Zoo: C/O Berlin öffnet im Herbst

Eigentlich sollte es schon im Frühjahr so weit sein, nun steht der Termin fest: Am 30. Oktober wird die legendäre C/O Berlin im Amerika-Haus am Zoo wiedereröffnen. Ein Spaziergang über die Baustelle.

Im Kinosaal wird noch geflext, da sprühen die Funken. Metallgerüste verstellen den Raum, obendrauf Bauarbeiter, es riecht nach Beton und Baustaub. Das von außen mit weißen Planen verhängte Amerika-Haus, zukünftige Heimstatt des Fotoforums C/O Berlin, gleicht innen immer noch einem Rohbau. Hier und da bleibe das auch so, teilte der Ausstellungsgestalter Meyer-Voggenreiter beim gestrigen Baustellentermin in der Hardenbergstraße freudig mit. Die Rippendecken im Foyer und im Hauptausstellungsraum etwa: eine typische, materialsparende Konstruktion der Fünfziger, die heute einen spröden Retrochic versprüht. Der Besucher solle das Haus, das bis 2006 das Kultur- und Informationszentrum der USA war, so pur und einfach wie möglich erfahren. Und zwar ab dem 30. Oktober, wenn die bis März 2013 im Postfuhramt in der Oranienburger Straße in Mitte ansässige Fotogalerie mit einem großen Einweihungsfest wiedereröffnet wird.

Die Bekanntgabe dieses ursprünglich mal für das Frühjahr geplanten Datums war denn auch die einzige große Neuigkeit, die Stephan Erfurt und Felix Hoffmann, Direktor und Kurator von C/O Berlin zu verkünden hatten. Dass dafür Himmel und Menschen im Amerika-Haus erschienen waren, zeigt, dass die nach dem Verkauf des Postfuhramts und vergeblicher Prüfung von 70 Standorten ja quasi als Gentrifizierungsverlierer aus Mitte abgezogene privat finanzierte Kulturinstitution durch ihren mutig angepackten Umzug nach Charlottenburg in Politik, Kultur und Medien keinesfalls Anhänger und Interessenten verloren hat. Im Gegenteil.

Zur Eröffnung haben außer Kulturstaatsministerin Grütters und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit auch neue Kuratoriumsmitglieder der Stiftung C/O Berlin wie Berlinale-Chef Dieter Kosslick, der Fotograf Peter Lindbergh und die Schauspielerin und Fotografin Charlotte Rampling ihr Erscheinen zugesagt, strahlte Direktor Stephan Erfurt. Mit Kosslick sei er gar gerade von einer Reise nach Los Angeles zurückgekehrt, wo man verschiedene Kulturkooperationen ausgeheckt habe.

Stillleben mit Bauarbeiter. Kein Kunstwerk, nur ein Blick in die C/O-Baustelle im Amerika-Haus.
Stillleben mit Bauarbeiter. Kein Kunstwerk, nur ein Blick in die C/O-Baustelle im Amerika-Haus.
© dpa

Schöner Einfall des als ehemaliges „Kind von Mitte“ nun „täglich mehr in das Amerika-Haus verliebten“ Direktors: Er rollt einen Kassenzettel des Ausstellungshauses aus dem Gründungsjahr 2000: ein Sonntag mit ganzen 24 Besuchern. Daraus wurde ein ungemein populärer Ausstellungsort für Fotografie und visuelle Medien mit – nach eigenen Angaben – 950 000 Besuchern – und langen Warteschlangen, etwa bei der großen Annie Leibovitz-Werkschau. Die vier Eröffnungsausstellungen im 1957 von Bruno Grimmek erbauten Amerika-Haus knüpfen sowohl an die Haustradition, wie auch an die Anfänge von C/O Berlin an, deren erste Schau eine Retrospektive der Fotoagentur Magnum war. Im Herbst folgt am neuen Standort nun „Magnum. Contact Sheets“, eine Ausstellung, die über die Kontaktabzüge berühmter Fotografen wie Robert Capa, Inge Morath oder Henri Cartier-Bresson Einblicke in deren Arbeitsweise gibt. Die Ausstellung „Ich war verliebt in diese Stadt. Berlin in den 50er Jahren“ zeigt Arbeiten von Will McBride, des ersten Fotografen dessen Werke 1957 im Amerika-Haus ausgestellt wurden. Und in einer den Nachwuchstalenten der Gegenwartsfotografie gewidmeten Reihe sind Arbeiten von Luise Schröder und Hannah Petersohn zu sehen.

Mit 2300 Quadratmetern im ersten und zweiten Stock hat sich Ausstellungsfläche der Galerie gegenüber dem Postfuhramt etwas vergrößert. Rechts neben dem unverändert zur Hardenbergstraße ausgerichteten Foyer, in dem die schicken Fünfziger-Steinplatten freigelegt wurden, bildet ein Café entlang der verglasten Front quasi die Verbindung zum öffentlichen Raum. Dahinter sind die Ausstellungsräume angeordnet. Ungefähr ein Viertel des vom Land Berlin grundsanierten Hauses belegt zukünftig die in einen hinteren Gebäudeteil ziehende Landeszentrale für politische Bildung.

Von den 1,5 Millionen Euro, die das aus Spenden und Eintrittsgeldern finanzierte Fotoforum nach einem Ein-Millionen-Zuschuss der Lottostiftung selbst für den Innenausbau aufbringt, waren Ende Juni nur noch 100 000 Euro offen. Die sollen per Crowdfunding-Kampagne reinkommen, der Zwischenstand beträgt 15 000 Euro.

Kleiner Nebeneffekt der flammend vorgetragenen großen Vision, hier in Nachbarschaft des Museums der Fotografie und der Helmut-Newton-Stiftung eins der zeitgenössischen europäischen Zentren für Fotografie schaffen zu wollen: Die Verkehrsampel vor der Bahntrasse am Zoo wird um eine Fußgängerampel rüber zur Jebenstraße erweitert. Spontaner und anhaltender Applaus.

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