Berliner Partyszene: Club-Sterben geht weiter
Bar25, Knaack, Magnet: Viele bekannte Clubs mussten schließen oder umziehen. Was viele Anwohner freut, schadet der Stadt Berlin. Denn die Partyszene ist längst zum wichtigen Wirtschaftsfaktor und Besuchermagneten geworden.
Man konnte dieses Jahr fast sicher sein: Wenn sich ein Clubbetreiber an die Öffentlichkeit wandte, dann nicht, um eine neue Partyreihe vorzustellen, sondern um auf sein drohendes Ende aufmerksam zu machen. Gleich mehrere bekannte Clubs mussten 2010 gegen ihre Schließung ankämpfen. Und einige unterlagen: Die Bar25 räumte im September endgültig ihren Standort in Friedrichshain, der Grundstücksbesitzer will das Gelände verkaufen. Der Knaack Klub in Prenzlauer Berg schließt nach der morgigen Silvesterparty, er hat den Besucherrückgang nicht verkraftet, seit abends nach 22 Uhr nur noch leise gefeiert werden darf. Anwohner hatten sich über den nächtlichen Lärm beschwert, am Ende entschied das Oberverwaltungsgericht.
Es ist der traurige Trend dieses Jahres in der Feiermetropole Berlin: Immer häufiger haben Clubbesitzer Stress mit genervten Anwohnern, die sich bei Ämtern beschweren, zur Not vor Gericht ziehen. Und immer öfter sind die Läden dadurch in ihrer Existenz bedroht – ein Grund, „jetzt Alarm zu schlagen“, sagt Lutz Leichsenring, Sprecher der Berliner Clubcommission. Den Ämtern und sonstigen Entscheidungsträgern fehle es oft an Sensibilität: „Wir vermissen den Artenschutz.“ Das schade nicht nur den Clubs, sondern mittelbar auch der Stadt, schließlich locke Berlins lebendige Partyszene Menschen aus aller Welt an und trage zur Imagebildung der Stadt bei.
Das weiß auch die Politik: Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) sieht die Clubs längst als „wichtigen Wirtschaftsfaktor innerhalb der Berliner Musikwirtschaft“, lobt sie als „Impulsgeber“. Eigentlich hatte sich Wolf vorgenommen, Berlins Ruf als Musikmetropole weiter auszubauen – tatsächlich musste die Szene erhebliche Rückschläge hinnehmen, sagt Verbandschef Lutz Leichsenring. „Wenn wir nicht aufpassen, sind wir ruck, zuck keine Clubhauptstadt mehr.“ Vor allem müssten die Bezirke Flächen bereitstellen, auf denen sich neue Läden ansiedeln könnten, ohne vor Anwohnern Angst zu haben.
Auffallend viele Schließungen gab es dieses Jahr in Prenzlauer Berg. Der Magnet Club zog im März an die Oberbaumbrücke, die Bar Zum schmutzigen Hobby gibt ihren Standort in der Rykestraße auf. Experten sagen, dies liege an der Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung im Viertel: weniger Feierwütige, mehr lärmempfindliche Jungfamilien. Ingrid Walther aus der Senatsverwaltung für Wirtschaft hat beobachtet, „dass oftmals die Toleranzschwelle von Anwohnern sinkt, die sich früher an der Musik nicht gestört haben, deren Lebensumstände sich jetzt aber geändert haben. Das finden wir sehr bedenklich.“ Wer die lebendige Großstadt genieße, müsse auch gewisse Nachteile in Kauf nehmen.
Manchmal gehen Anwohner-Konflikte aber auch glimpflich aus: Das Icon in der Cantianstraße sollte nach 14 Jahren Betrieb seine Konzession verlieren, auch hier hatten sich Nachbarn über zu viel Lärm beschwert. Doch den Betreibern gelang es, öffentlichkeitswirksam für ihren Club zu werben. Allein zu einer Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung erschienen mehr als 100 Unterstützer. Schließlich wollte auch der Baustadtrat das Icon retten. Inzwischen gab es Entwarnung. Es darf weitergefeiert werden.
Sebastian Leber
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