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Ist das noch politisch? Für viele Teilnehmer des CSD stand in den vergangenen Jahren die Party im Vordergrund.
© Kai-Uwe Heinrich

Neuer Name für den CSD in Berlin: Christopher Street Day erfindet sich neu

Schluss mit Party? Der Berliner Umzug für Gleichberechtigung von Homosexuellen soll politischer werden - und bekommt einen neuen Namen.

Es ist eines der eingeführten Berliner Markenzeichen. Wer das Kürzel „CSD“ hört, weiß sogar außerhalb der Stadt, was gemeint ist: Der alljährliche bunte Festumzug durch die Innenstadt, mit dem für die Gleichberechtigung von Homo- und Bisexuellen demonstriert wird und der von unzähligen Partys und Straßenfesten begleitet wird. Doch jetzt geht die Ära des CSD zu Ende. Die Christopher-Street-Day-Parade wird es in Berlin nicht mehr geben – zumindest dem Namen nach nicht mehr. Das hat der 1999 gegründete Trägerverein beschlossen, der Berliner CSD e.V.

Nicht länger Party um der Party willen

Wie Teilnehmer der Mitgliederversammlung vom Mittwoch berichten, soll der CSD künftig „Stonewall Parade“ heißen. CSD-Geschäftsführer Robert Kastl sagte am Donnerstag dem Tagesspiegel: „Es wird Veränderungen bei der Bezeichnung geben.“ Er wollte den neuen Namen aber noch nicht offiziell bestätigen. Nur so viel: Man werde das Label ändern, da der in Deutschland übliche Begriff Christopher Street Day international für vergleichbare Veranstaltungen nicht genutzt werde. Dort wird oft von „Gay Pride“ oder „Pride Parades“ gesprochen.

Beide Begriffe, CSD wie Stonewall Parade, beziehen sich auf die Ursprünge der Bewegung gegen die Diskriminierung von Homosexuellen: Das „Stonewall Inn“ war eine Bar mit homosexuellem und Transgender-Publikum in der New Yorker Christopher Street.

Sie war immer wieder das Ziel von brutalen, diskriminierende Polizeirazzien. Im Juni 1969 widersetzte sich ein große Gruppe Homosexueller ihrer Verhaftung – die Geburtsstunde der Bürgerrechtsbewegung für Gleichberechtigung und Anerkennung unterschiedlicher sexueller Orientierungen und Identitäten. „Das war der Ausgangspunkt der modernen Schwulen- und Lesbenbewegung“, sagt CSD-Geschäftsführer Kastl.

Der CSD soll kämpferischer werden

Dieser Tradition soll der neue Name der Berliner Parade Rechnung tragen. Und damit auch ein Zeichen geben: „Wir wollen die politischen Inhalte stärker in den Vordergrund stellen.“ In den vergangenen Jahren standen für viele Teilnehmer Spaß und Party so sehr im Vordergrund, dass das eigentliche Anliegen in Vergessenheit geraten war – trotz anhaltender Diskriminierungen in Deutschland und weltweit.

Die Parade, bei der fast jedes Jahr auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eine Rede hielt, soll nicht länger „Party um der Party willen sein“, sagt Organisator Kastl. „Back to the Roots“ lautet das Motto des diesjährigen Umzugs am 21. Juni. „Wir werden kämpferischer“, sagt Kastl. Die Situation Homosexueller in Russland oder auch die Ablehnung des vollen Adoptionsrechts für homosexuelle Paare durch Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigten, dass man weiterhin kämpfen müsse. Dafür wollen die Veranstalter auch stärker auf witzig-freche Proteste setzen, wie sie in den vergangenen Jahren vereinzelt bereits vor der russischen Botschaft oder der CDU-Zentrale stattfanden.

Auch privat politisch. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gehört zu den prominenten Stammgästen des Christopher Street Days.
Auch privat politisch. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gehört zu den prominenten Stammgästen des Christopher Street Days.
©  Imago

Die Re-Politisierung der Parade sorgt für weniger Werbung

Um den politischen Fokus zu betonen, gab es bereits erste organisatorische Veränderungen – und beim letzten Mal einen handfesten Streit mit der CDU. Die Partei war 2013 wegen ihrer von den CSD-Veranstaltern als diskriminierend bezeichneten Politik von der Parade ausgeschlossen worden. Mitgliedern der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) war schließlich ein Wagen genehmigt worden.

Folgen hat die Re-Politisierung auch für die Betreiber der großen Umzugs-Trucks. Die dürfen seit vergangenem Jahr nur noch knapp ein Drittel der Fläche für Werbebanner benutzen. „Der politische Charakter muss deutlicher werden“, sagt Kastl. Mit dieser Vorgabe und dem Abschied von der Marke „CSD“ dürfte es für manchen Wagenbetreiber schwer werden, genug Sponsoren zu finden, um den Einsatz lukrativ zu machen.

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