Streit in der KV: Chefin der Berliner Kassenärzte tritt zurück
Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin vertritt 9000 Praxen. Nun wirft die Vorsitzende hin, ein Neustart in der Medizinerschaft sei "unmöglich" geworden.
Die Chefin der mächtigen Berliner Kassenärzte tritt zurück. Margret Stennes, Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KV) seit 2017, hat ihren Posten zum 30. November gekündigt - um zügig eine Nachwahl zu ermöglichen, stellt sie ihr Amt "ab sofort zur Verfügung". Das schreibt die Internistin in einem Brief an Mitglieder der Vertreterversammlung, der dem Tagesspiegel vorliegt. Dieses VV abgekürzte 40-köpfige Gremium fungiert als Parlament der Kassenärzte.
Einst sei sie zur KV-Vorsitzenden gewählt worden, um "einen Neuanfang durchzusetzen", sowohl inhaltlich als auch im Umgang der Ärzte untereinander, schreibt Stennes: "Dies ist mir in den letzten Jahren in der Zusammenarbeit mit den Vorstandskollegen und der ehrgeizigen VV-Vorsitzenden zunehmend unmöglich gemacht worden", heißt es in dem Brief. Stennes' Amtszeit endet regulär im Dezember 2022.
Die KV ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ihr müssen alle 9000 Berliner Praxisärzte angehören, die gesetzlich Versicherte versorgen. Die KV verwaltet die Honorare der Krankenkassen und regelt die ambulante Versorgung: Aktuell wollen die Kassenärzte dafür sorgen, dass sich mehr Mediziner in Berlins praxisärmeren Osten niederlassen.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Der Staat darf nur bei groben Verstößen in die KV-Politik eingreifen. In die 40-köpfige VV werden turnusmäßig Ärzte verschiedener Fachverbände gewählt, wer dort Mehrheiten organisiert, kann den Kurs der gesamten KV mitbestimmen. Immer wieder geraten dabei Vertreter verschiedener Fachrichtungen aneinander.
Auf Anfrage äußerten sich Stennes' Vorstandskollegen, der Kinderarzt Burkhard Ruppert und der Jurist Günter Scherer: "Es liegen noch zahlreiche Herausforderungen vor uns, aber wir sind uns sicher, dass wir zusammen als KV Berlin diese meistern werden. Wir akzeptieren die Entscheidung unserer ehemaligen Vorstandskollegin und wünschen Ihr für die Zukunft alles Gute."
Schon öfter Debatte um den KV-Vorstand
Die KV hatte in den letzten Jahren vielfach Aufsehen erregt. Der frühere KV-Vorstand war erst im September zu Schadensersatz verurteilt worden. Drei Ex-Funktionäre sollen ihrem früheren Arbeitgeber zusammen 361.187,50 Euro zuzüglich Zinsen zahlen. Die drei Ärzte wurden wegen ihrer "fehlerhaften Honorarverteilung" und sogenanntem Up-Coding verurteilt. Mit Letzterem sind nachträgliche Änderungen ärztlicher Diagnose-Codes gemeint. Die Ex-Vorstände können Rechtsmittel einlegen.
Der frühere KV-Vorstand hatte auch strafrechtlich Ärger. Die damals amtierenden Funktionäre waren wegen Untreueverdachts angeklagt worden, sie sollen sich 2011 um Übergangsgelder bemüht haben, obwohl sie doch noch eine weitere Amtszeit als Vorstände tätig waren. Die drei wurden 2016 von der VV aus ihrem Amt gewählt. Das Landgericht sprach die Beschuldigten 2019 frei.