Weltpremiere "Atomic Blonde" in Berlin: Charlize Theron spielt Spionin im Kalten Krieg
Die zweite Hauptrolle spielt Berlin: Der Superagentenfilm „Atomic Blonde“ mit Charlize Theron feiert Weltpremiere am Potsdamer Platz.
Ja, also was denn nun? „Berlin ist der Wilde Westen.“ Erklärt ein Mann des britischen Geheimdienstes MI6. „Es ist, wie wenn der Film langsamer wird, das Bild schmilzt, Feuer fängt – so ist Berlin.“ Fabuliert Lorraine Broughton, Superagentin, die mal dem MI6, mal dem KGB, zuletzt gar der CIA zu dienen scheint. „Berlin ist eine überschaubare Stadt“ oder auch „Mit Berlin geht es abwärts.“ Tja, wer sagte das noch mal?
Bei so viel widersprüchlichen, insgesamt doch eher negativen Charakterisierungen Berlins, denen die Gäste der Premiere des Spionagethrillers „Atomic Blonde“ ausgesetzt sein würden, war es schon ein Akt der Fürsorge, sie vor Betreten des Premierenorts gleich mehrfach mit dem Schriftzug „Welcome to Berlin“ zu begrüßen. Schließlich handelt es sich um eine Weltpremiere, da reicht kein normales Kino, da muss es schon das Theater am Potsdamer Platz sein, im Februar ist das Jahr für Jahr der Berlinale-Palast. Dass der Film im März schon auf dem Festival „South by Southwest“ in Austin, Texas, lief – geschenkt. Wenn Weltpremiere draufsteht, ist Weltpremiere drin.
Til Schweiger spielt einen Uhrmacher-Agenten
Dazu eine mit glamourösen Stars: Vorneweg Titelheldin Charlize Theron, 2004 prämiert mit einem Oscar und dem Silbernen Berlinale-Bären für ihre Rolle als Mörderin in „Monster“, worin sie einen erstaunlichen Mut zur Hässlichkeit bewies. Als ihre Mitakteure die Algerierin Sofia Boutella, die eine französische Agentin spielt, weiter Til Schweiger mit einer kleinen Rolle als konspirativer Uhrmacher, sodann Drehbuchautor Kurt Johnstad und die beiden Produzenten AJ Dix und Beth Kono.
Eine Agentengeschichte also, basierend auf einer Graphic Novel, jede Menge Spione, die aus der Kälte kamen, mal wieder. Allerdings zu einer Zeit, als der Kalte Krieg sich seinem Ende entgegenneigt, Ronald Reagan in der ersten Szene sein „Tear down this wall“ Richtung Moskau schmettert und die Straßen Ost-Berlins sich mit Demonstranten füllen. Übrigens eine prima Deckung für Agenten, die dem Gegner kostbarste Geheimnisse – ja, wieder eine ominöse Liste – abjagen oder sich einfach nur in der Menge verstecken wollen.
Das Vorwende-Berlin spielt die zweite Hauptrolle
„Atomic Blonde“ also, doch könnte der Film ohne weiteres „Atomic Berlin“ heißen, spielt doch die Stadt die zweite Hauptrolle. Die des Spätherbstes 1989, bei dessen Rekonstruktion die Filmcrew freilich bei den zerschundenen Straßen Ost-Berlins auf Budapest ausweichen musste. Aber die Gedächtniskirche, die mehrfach durchs Bild huscht, ist zweifellos echt, auch der Fernsehturm, vor dessen Kulisse gleich zu Beginn ein erschossener West-Agent in die Spree gekippt wird. Obwohl, solch eine Stadtsilhouette, wie sie um den Turm drapiert wurde, sucht man noch heute vergebens.
Echt sind das Kino International, in dem Sowjetagenten vergeblich ihre blonde Gegenspielerin festsetzen wollen, wie auch der Flughafen Tempelhof, wenngleich Pan Am im Jahre 1989 dort keineswegs präsent war, wie bei der Ankunft der blonden Lorraine in Berlin suggeriert wird. Pan Am – das war Tegel. Und dass US-Soldaten in ihren Humvees vor dem Brandenburger Tor herumkurven, hätten sich die dort zuständigen Briten sicher verbeten. Doch echt ist selbstverständlich der Tagesspiegel, der auf dem Tisch des bösen Doppelagenten David Percival bereitliegt. Er kommt leider nicht mehr dazu, ihn zu lesen.
„Atomic Blonde“ ist eben „kein normaler, historischer 80er-Jahre-AgentenThriller“, da kann man Charlize Theron nur zustimmen, die dies kürzlich in einem „Vogue“-Interview klarstellte. Da muss man eben, auch wenn die richtigen 80er-Jahre-Autos fahren, der Soundtrack von Bowie über The Clash bis zu Nena und Peter Schilling reicht und sogar das originale Tastentelefon der Deutschen Bundespost an der Wand hängt, gewisse Mängel in der historischen Authentizität in Kauf nehmen. Riesige Tunnel als Agentenschleuse zwischen Berlin-Ost und -West? Wäre zu schön gewesen.
Schon "Aeon Flux" hatte Charlize Theron in Berlin gedreht
Wie auch immer: Charlize Theron liebt Berlin. Das hat sie der „Vogue“ ebenfalls versichert, dabei an ihre häufigen Berlinale-Auftritte erinnert und an die Sommermonate in Berlin anlässlich der Dreharbeiten zu „Aeon Flux“, der 2005 ins Kino kam. Wieder spielte sie die Titelrolle, schon damals eine Agentin in einer fiktiven Stadt Bregna des Jahres 2415. Berlin wurde da zur die Kulisse eines Science-Fiction-Films, eine Herausforderung, der die Stadt ohne weiteres gerecht wurde. Das damals neue Tierheim in Falkenberg, die Kondolenzhalle des Krematoriums Baumschulenweg, der aus der NS-Zeit stammende Aerodynamische Park in Adlershof mit Trudelturm und Großem Windkanal, das Haus der Kulturen der Welt wie auch das Bauhaus-Archiv – sie waren nun Orte einer fernen Zukunft. Den Tagesspiegel allerdings hat im Bregna des Jahres 2415 leider niemand gelesen.
Kinostart ist am 24. August.
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