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Hier brennt was an. Bauarbeiter auf der Baustelle Unter den Linden sind inzwischen selten zu sehen.
© Doris Spiekermann-Klaas

Planer sind pleite: Chaos an der Baustelle Staatsoper

Auf der Baustelle der Staatsoper geht fast gar nichts mehr: Nun ist auch noch die Ingenieurfirma pleite. Der Senat braucht dringend neue Planer und Bauleiter. Das kostet Zeit und noch mehr Geld.

Vor kurzem erst hatte das Parlament versucht, den ganzen Umfang des Chaos bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden zu begreifen. Jetzt kommt der nächste Rückschlag für das Projekt: Das Ingenieurbüro Scholze hat Insolvenz angemeldet. Die Firma mit Hauptsitz in Stuttgart und Niederlassung in der Charlottenstraße ist sowohl bei der Planung als auch bei der Bauleitung federführend tätig bei dem Millionenprojekt.

Betroffen von der Insolvenz ist die Entwicklung, der Bau und die Bauüberwachung der komplizierten Anlagen zur Belüftung und Beheizung des Opernhauses sowie für die Sanitäranlagen. Diese „Gewerke“ zählen zu den aufwendigsten Arbeiten beim Innenausbau des Schauspielhauses. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bestätigte auf Anfrage die Tagesspiegel-Recherchen.

Inzwischen ist man bei Kosten von 300 Millionen Euro

Zu den Auswirkungen der Pleite hieß es aus der Senatsverwaltung: „Insolvenzen von Planungs- und Bauleitungsbüros (Scholze deckt beides ab) haben meist Auswirkungen auf die Planungs- und die Bauzeiten.“ Wie weit der neuerliche Rückschlag die bereits wiederholt verschobene Fertigstellung des Baudenkmals zurückwerfen wird, „können wir gegenwärtig noch nicht abschätzen“.

Zuletzt war das Budget für die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden um rund 50 Millionen Euro angehoben worden – es beträgt inzwischen knapp 300 Millionen Euro. Die Bauzeit war bis Ende 2015 verlängert worden. Ursprünglich sollte die Staatsoper im Oktober des Jahres 2013 eröffnen, also vor knapp einem halben Jahr. Inzwischen ist das Ende unabsehbar: Bei der Anhörung im Abgeordnetenhaus wollte sich Senatsbaudirektorin Regula Lüscher überhaupt nicht mehr auf einen Zeitplan und ein Budget festlegen.

Bei Insolvenzverwalter Schneider, Geiwitz und Partner hieß es auf Anfrage, dass nach einem Investor für die angeschlagene Ingenieurfirma gesucht werde. Das gehört zu den üblichen Strategien von Zwangsverwaltern im Umgang mit zahlungsunfähigen Firmen. Meistens haben sie dafür drei Monate Zeit: So reicht das „Insolvenzgeld“, das von der Bundesagentur für Arbeit für diese Firmen gezahlt wird. Dem Vernehmen nach endet diese Frist für das Ingenieurbüro in einer Woche, weil bereits die Löhne für den Dezember mit diesen öffentlichen Geldern gezahlt worden sein sollen.

Hat die Politik wirklich nichts gewusst?

Öffentlich bekannt gemacht und eröffnet wurde das Insolvenzverfahren vor gut einem Monat, am 8. Januar. Vorher will man bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nichts von der wirtschaftlichen Schieflage des für die Staatsoper so wichtigen Ingenieurbüros gewusst haben. Jedenfalls erklärt man so, dass die Planer den Parlamentariern nichts vom wirtschaftlichen Zusammenbruch der Ingenieurfirma gesagt hatten, obwohl sie gleich bei zwei Anhörungen im Abgeordnetenhaus zur Chaosbaustelle vorstellig wurden. Die zweite Anhörung im Bauausschuss fand sogar genau an dem Tag statt, als die Insolvenz offiziell vermeldet und eröffnet wurde. Hatte die Firma zuvor den Senat wirklich nicht über die anstehende Pleite informiert?

Insidern zufolge kommen die Arbeiten auf der Staatsoper-Baustelle nur noch schleppend voran. „Kleinste Entscheidungen werden erst getroffen, wenn alle Instanzen zugestimmt haben“, sagt ein Beteiligter. Das könne schon mal Monate dauern. Sie behaupten, die Staatsoper werde nicht vor dem Jahr 2017 fertig – und die zusätzlichen Kosten würden mindestens weitere 50 Millionen Euro betragen. Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung heißt es dazu: „Sollte es zu Bauzeitverzögerungen (über das nächste Jahr hinaus) kommen, werden die Baukosten steigen, in Relation zur Bauzeitverlängerung.“ Ein Dementi ist das nicht.

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