Flüchtlinge in Berlin und Brandenburg: CDU: Woidkes Selchow-Absage ist Niederlage für Regierenden
Der Streit über die Selchower Hallen geht weiter. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat mit seiner Entscheidung gespaltene Reaktionen ausgelöst.
Mit seiner Entscheidung, nun doch keine Flüchtlinge in den Messehallen in Selchow unterzubringen, hat Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gespaltene Reaktionen ausgelöst. Der CDU-Stadtentwicklungspolitiker Stefan Evers, der sich viel mit dem Thema Flüchtlingsunterbringung befasst hat, kritisierte Woidkes Entscheidung.
„Wir brauchen Selchow dringend, und mich entsetzt die Verweigerungshaltung von Müllers SPD-Kollegen in Brandenburg", sagte Evers. Er sehe darin eine „üble Niederlage von Michael Müller bei dem einzigen Thema, dessen er sich in Sachen Flüchtlingsunterbringung persönlich angenommen hat".
Woidke hatte im Tagesspiegel-Interview gesagt, der Umbau von (Berliner) Messehallen in Selchow für 5000 Flüchtlinge werde „nicht funktionieren“. Er sei „nicht bereit, Dinge zu machen, die ich für Unfug halte“. Senatssprecherin Daniela Augenstein bezeichnete Woidkes Absage als „irritierend“. Nach ihrem Kenntnisstand gebe es Gespräche mit Brandenburg über die Unterbringung von Flüchtlingen, in denen Selchow eine Rolle spiele.
"Egoistisch und unsolidarisch"
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagte: „Die Messehallen in Selchow gehören dem Land Berlin und sind mit dem Kabinenbau der Messe für bis zu 5000 Menschen zur Unterbringung geeignet. 30 von 60 Turnhallen könnten wir dafür in Berlin leerziehen. Es wäRe wichtig, dass der Regierende Bürgermeister dazu, wie zugesagt, mit dem Ministerpräsidenten Woidke das direkte Gespräch sucht.“
CDU-Generalsekretär Kai Wegner schließt aus Woidkes Ablehnung auf ein Scheitern der Verhandlungen. Doch werde es gravierende Folgen haben, wenn Berlin auf die Hallen in Selchow nicht zurückgreifen könne, so Wegner, „denn auch in diesem Jahr werden wieder viele Menschen in unsere Stadt kommen. Daher sind wir dringend auf Unterkünfte angewiesen.“ Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) müsse nun „liefern“. Aber Woidkes Verhalten sei „egoistisch und unsolidarisch“.
Grüne und Linke auf Woidkes Seite
Die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop ist von der Sache her auf Woidkes Seite: Sie hält die Hallen in Selchow für ungeeignet, um Flüchtlinge unterzubringen: „Dort ist rundherum gar nichts, keine Anbindung, keine Infrastruktur, die Menschen wären völlig auf sich allein gestellt – ich finde, das kann man nicht machen“, sagte Pop. Kritisch sieht sie Woidkes Haltung: „Ich finde, Berlin und Brandenburg müssen sich verständigen, und Brandenburg sollte auch überlegen, wie es Berlin helfen kann.“
Udo Wolf von der Linkspartei ist ganz auf Woidkes Seite: „Dass eine Unterbringung in riesigen Messehallen nicht funktioniert – das sehen wir ja auch an Tempelhof und den unhaltbaren Zuständen dort.“ Wenn Berlin „seine Möglichkeiten prüft und nutzt, dann lässt sich das auch in Berlin organisieren“, so Wolf.
Mit dem Streit setzen sich die Meinungsverschiedenheiten zwischen Berlins Senat und Brandenburgs Regierung fort. Zuletzt hatte es im Dezember Differenzen über die Flüchtlingsunterbringung gegeben, als Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) der Bild-Zeitung sagte: „Es kann nicht sein, dass Susi Sorglos auf dem Tempelhofer Feld Drachen steigen lässt – und wir sollen für die Berliner die Quote übernehmen.“ Senatssprecherin Augenstein damals: „Wir sind irritiert, offenbar ist Herr Schröter über die aktuellen Absprachen zwischen dem Regierenden Bürgermeister und dem brandenburgischen Ministerpräsidenten nicht informiert.“ Die Unterbringung von Flüchtlingen in Selchow nach der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) im Mai sei „beschlossene Sache“.