Coronakrise im Flugverkehr: CDU will Tegel früher schließen - aber nur, wenn BER früher öffnet
Fachpolitiker der CDU befürworten ein früheres Aus von Tegel, das sei "wirtschaftlich sinnvoll".
Die Front der Befürworter einer langfristigen Offenhaltung des Flughafens Tegel bröckelt. Aus der Opposition im Abgeordnetenhaus fordern der Verkehrspolitiker Oliver Friederici und der Wirtschaftspolitiker Christian Gräff (beide CDU) die Flughafengesellschaft auf, einen früheren Einzugstermin für den BER zu bestimmen. Im Gegenzug können sie sich dann eine vorzeitige Schließung von Tegel vorstellen.
Die Flughafengesellschaft von Berlin, Brandenburg und Bund (FBB) hatte vergangene Woche bei der Oberen Luftfahrtbehörde von Berlin beantragt, ab 1. Juni Tegel für zwei Monate von der Betriebspflicht zu befreien. Im Aufsichtsrat hatte die Geschäftsführung dies mit dem Einbruch der Passagierzahlen im Zuge der Coronakrise begründet – und mit den hohen Betriebskosten für den Geisterflughafen. Wann die Behörde sich zum Antrag verhält und ob die Geschäftsführung dann tatsächlich davon Gebrauch macht, den Flughafen zeitweilig stillzulegen, sei noch offen, hieß es in Flughafen-Kreisen.
Die Gegner einer Schließung von Tegel fürchten, dass aus einem temporären Betriebsstillstand schnell ein permanenter wird, der Flughafen also nie wieder ans Netz geht. Der CDU-Abgeordnete Friederici, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Abgeordnetenhaus, kann sich mittlerweile unter einer Bedingung aber mit diesem Szenario anfreunden: Der BER müsste früher als am bisher geplanten 31. Oktober den regulären Betrieb aufnehmen.
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„Wir haben unter den jetzigen Rahmenbedingungen offenbar die einmalige Chance den Flughafen Berlin-Brandenburg International früher als geplant zu öffnen und sollten diese Chance nutzen“, sagte er dem Tagesspiegel am Dienstag. „Eine frühere Öffnung des BER und die Schließung von TXL wäre die logische Konsequenz und wirtschaftlich sinnvoll.“ Schon in diesen Tagen zeige sich, dass mehr Flugverkehr über Schönefeld abgewickelt werde, als über den Flughafen Tegel, fügte Friederici hinzu. „Wir würden damit auch den berechtigten Forderungen Fluggesellschaften entgegenkommen, die nicht mehrfach umziehen müssen“.
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Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, erklärte: „Wir würden als Region mit einem Umzugs- und Eröffnungstermin beispielsweise im Juli die Chance haben, ein Signal in die gesamte Branche zu setzen, dass Berlin für das Wiederhochfahren der Wirtschaft vorbereitet ist.“ Vielleicht gäbe es langfristig schneller die Chance, neue, internationale Verbindungen mit kleineren Maschinen einzurichten, was wirtschaftlich für Berlin ein großer Erfolg sein könnte.
Die beiden Politiker forderten die Flughafengesellschaft auf, einen konkreten Umzugstermin im Sommer zu nennen, damit sich Airlines und Dienstleister vorbereiten können. Auch müsste sich Berlin, trotz der Einschränkungen durch das Coronavirus, würdig vom Flughafen Tegel verabschieden können, etwa mit einem letzten Rundflug über Berlin, regten Gräff und Friederici an.
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Tatsächlich gibt es bei der FBB bereits Szenarien für einen vorzeitigen BER-Start samt TXL-Aus, falls sich der Flugverkehr nicht alsbald erholt. Man arbeite aber weiter auf eine Eröffnung am 31. Oktober hin, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Durch die zuletzt überraschend schnell erteilte Nutzungsfreigabe durch den Landkreis Dahme-Spreewald ist zunächst lediglich die Grundvoraussetzung geschaffen, um den Probebetrieb aufzunehmen und weitere Genehmigungen durch die Luftfahrtbehörden zu beantragen.