Lehrermangel in Berlin: CDU will Lehrkräfte mit Prämie locken
Pädagogen aus anderen Bundesländern sollen einen Anreiz bekommen, nach Berlin zu ziehen. Die SPD findet das unausgegoren.
- Robert Kiesel
- Ronja Ringelstein
Die Berliner CDU will den Lehrermangel in der Stadt mit einer Willkommensprämie bekämpfen. Gut ausgebildete Lehrer, die aus anderen Bundesländern zum Arbeiten nach Berlin kommen, sollen einmalig 5000 Euro und ein kostenloses ABC-Nahverkehrsticket für zwei Jahre erhalten. Fast zwei Drittel der 2734 in diesem Schuljahr eingestellten Lehrkräfte sind Quer- oder Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung.
„Viele Lehrer haben Berlin verlassen, weil sie hier nicht verbeamtet wurden“, sagte Dirk Stettner, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, dem Tagesspiegel. Das sei ein klarer Wettbewerbsnachteil gegenüber allen anderen Bundesländern.
Die CDU fordert schon lange, Berlin solle seine Lehrkräfte wieder verbeamten. Solange das nicht der Fall ist, könnten Lehrer, die weggingen, um sich verbeamten zu lassen, mit ihrem Beamtenstatus wieder in die Hauptstadt zurückkehren, sagt Stettner. Der Beamtenstatus bliebe bestehen, die 5000 Euro seien quasi eine kleine Umzugshilfe.
Refinanzieren will die CDU die Prämie aus dem Topf für die Brennpunktzulage mit 8,6 Millionen Euro. Die Zulage in Höhe von 300 Euro monatlich erhalten Lehrkräfte an Brennpunktschulen. Laut Stettner entfalte diese allerdings „keine Wirkung“. Gerade an Brennpunktschulen ist der Anteil von Quereinsteigern besonders hoch.
"Diesen Nachteil behebt man aber nicht mit einer Prämie"
Maja Lasic, bildungspolitische Sprecherin der SPD, hält den Vorschlag der CDU für „unausgegoren“. Lasic hat sich in der Vergangenheit ebenfalls für die Verbeamtung von Lehrern ausgesprochen, die Koalitionspartner der SPD sind allerdings dagegen. „Diesen Nachteil behebt man aber nicht mit einer Prämie, sondern durch eine Gleichstellung der Berliner Lehrkräfte gegenüber den Lehrern in anderen Bundesländern, etwa beim Nettoeinkommen und der Altersvorsorge“, sagte Lasic. „Ich sehe nicht, dass wir durch die Prämie einen einzigen Lehrer gewinnen würden.“ Auch die Brennpunktzulage möchte Lasic, die für die Einführung der Zulage gekämpft hatte, nicht antasten. Zwar wäre eine Absenkung der Arbeitsstunden für die Lehrer an Brennpunktschulen das Mittel der Wahl, aber da das aufgrund des Lehrermangels nicht gehe, „bezahlen wir wenigstens besser.“
Die Idee der Prämie ist Teil des „Rettungspakets Schule“ der CDU. Erst vor wenigen Wochen hatte Stettner für Lehramtsstudenten ein Stipendium von 500 Euro monatlich, einen Ort zum Wohnen während des Studiums und eine garantierte Übernahme in den Landesdienst inklusive Verbeamtung vorgeschlagen. Zu dem „Rettungspaket“ gehören außerdem eine Begrenzung der Quer- und Seiteneinsteiger auf 20 Prozent der Lehrkräfte und die Forderung nach der „sofortigen Digitalisierung von Schulen“.
Scharfe Kritik am Vorgehen des Senats
Gerade bei Letzterem kritisiert Stettner das Vorgehen des Senats scharf. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von dessen Fraktionskollegin Emine Demirbüken-Wegner hatte die Bildungsverwaltung einräumen müssen, dass die vier Anfang April kurzfristig geschaffenen Stellen für die Unterstützung der Schulen bei der Akquise von Mitteln aus dem Digital-Pakt Schule noch unbesetzt sind. Dementsprechend kümmern sich weiterhin drei Vollzeitkräfte und zwei Aushilfslehrer um die mehr als 700 Schulen mit Anspruch auf Unterstützung.
Bildungsstaatssekretärin Beate Stoffers erklärte dazu: „Weiteres Personal soll schnellstmöglich gewonnen werden.“ Tatsächlich sind im Entwurf für den Doppelhaushalt 2020/21 sieben zusätzliche Stellen vorgesehen. Sie sollen im kommenden Jahr besetzt werden. Stettner dazu: „Mein Urteil aus dem Mai, dass der Berliner Senat die Digitalisierung der Schulen verschläft, gilt angesichts dessen umso mehr.“ Er befürchtet, die Digitalisierung der Schulen werde den chronisch überlasteten Bezirken übertragen. „Genauso läuft es beim Thema Schulneubau doch auch“, erklärte Stettner. Der digitalisierungspolitische Sprecher seiner Fraktion hatte bereits im Mai die Einrichtung „temporärer Teams von mindestens 80 Mitarbeitern“ zur Unterstützung der Schulen gefordert.