Nach rot-grüner Sondierung: CDU fragt sich, ob sie nun aus dem Rennen ist
Nach den rot-grünen Sondierungsverhandlungen kündigt die Berliner CDU eine "verantwortliche Politik" an. Der Wahlkampf sei vorbei.
Die Berliner CDU reagiert sehr zurückhaltend auf das Ergebnis der Sondierungsgespräche zwischen SPD und Grünen. Frank Henkel, Landeschef der Union, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Der CDU-Vize Michael Braun findet das, was der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann am Freitag nach einem gemeinsamen Treffen sagten, „sehr kryptisch“. Braun ist auch Mitglied der fünfköpfigen CDU-Sondierungsgruppe.
Es sei nicht erkennbar, worin die Annäherung zwischen beiden Parteien bestehe, etwa bei der Verlängerung der Stadtautobahn A 100 oder dem Ausbau des Flughafens, sagte der Christdemokrat am Sonnabend dem Tagesspiegel. Er könne auch nicht sagen, ob die CDU schon aus dem Rennen sei.
Die SPD hatte am Donnerstag auch mit den Christdemokraten sondiert, ob eine gemeinsame Regierungsbildung möglich sei. Die Ergebnisse der Gespräche mit beiden Parteien sollen am Montag in einer Sitzung des SPD-Landesvorstands bewertet und eine Empfehlung für Koalitionsverhandlungen abgegeben werden.
„Alles Weitere liegt also nicht in unserer Hand“, sagte Braun. Die Union sei bereit, auf Landesebene und in den Bezirken eine „verantwortliche Politik“ zu machen und er habe das Gefühl, so Braun, dass auch bei SPD und Grünen „der Wahlkampf nun vorbei ist“.
Wowereit und Ratzmann sehen sich auf gutem Weg
Zwischen Sozialdemokraten und Grünen wurden nach eigenen Angaben für alle noch strittigen Punkte nach sechseinhalb Stunden Beratung im Roten Rathaus Kompromisse gefunden. Auch für den größten Streitpunkt, die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 nach Treptow. Es gebe jetzt „Voraussetzungen für eine rot-grüne Zusammenarbeit“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).
Auch der Grünen-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Volker Ratzmann, wertete das vorerst noch vertrauliche Verhandlungsergebnis positiv. „Ich habe das Gefühl, dass wir einen guten gemeinsamen Weg gehen können“, sagte er nach dem Treffen.
Ratzmanns Parteifreundin, die gescheiterte Spitzenkandidatin Renate Künast, stand an diesem Abend bereits abseits. Sie hatte schon vor der Wahl angekündigt, nur im Fall eines Wahlsieges und nur als Regierende Bürgermeisterin weiter für die Berliner Landespolitik zur Verfügung zu stehen.
Am Montag sollen nun die Landesvorstände von Sozialdemokraten und Grünen über das Kompromisspaket entscheiden, dass in zwei Sondierungsrunden geschnürt wurde.
Bei den Grünen hat eine Mitgliederversammlung am 30. September das letzte Wort. Die SPD-Führung muss außerdem das Gespräch mit der CDU bewerten. Nach dem Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag könnte Wowereit sowohl mit den Grünen wie auch mit der Union regieren.
„Wir müssen jetzt abwägen, mit wem eine Koalition gebildet werden kann“, sagte der Regierende Bürgermeister. Mit den Grünen sei nach dem zweiten Treffen „ein Weg gefunden worden, der hoffentlich tragfähig ist“. Weißer Rauch sei noch nicht aufgestiegen, es gebe noch offene Fragen. Erst müssten die Parteigremien entscheiden, ob die gefundenen Kompromissformulierungen akzeptabel seien. Entscheidend für die Bildung einer neuen Berliner Landesregierung seien die Inhalte, aber auch „Verlässlichkeit und gegenseitiges Vertrauen“.
Zu den Knackpunkten der rot-grünen Sondierungsgespräche gehörten die A 100, der Ausbau des Großflughafens BER in Schönefeld, die Tangentiale Verbindung Ost und weitere Infrastrukturprojekte, die sich Wowereit in Koalitionsgesprächen nicht abhandeln lassen will. Bei diesen Themen näherten sich die Unterhändler beider Parteien entscheidend an. „Sie SPD steht für die Stärkung der Berliner Infrastruktur.“ Wie die Kompromisse aussehen, wollte nach dem Treffen niemand sagen. Zum Kompromiss zur Verlängerung der A 100 sagte Wowereit nur: „Wir reden über eine Autobahn und nicht über eine Stadtstraße.“
In den letzten Tagen war vermutet worden, die geplante und vom Bund finanzierte Autobahn zwischen Neukölln und Treptow solle durch eine Bundesstraße ersetzt werden, die das Land bezahlen müsste. Einen Volksentscheid zur A 100 soll es nicht geben, auch das wurde nach dem Sondierungstreffen deutlich.
Gesprochen wurde außerdem über „ökologische und soziale Fragen“, wie Ratzmann betonte. Er hob die „Übereinstimmung in vielen Punkten“ hervor.
Ulrich Zawatka-Gerlach