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Zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger: BVG tauscht Wagen auf der U55 mit einem Kran

Fahrzeugtausch per Kran auf der U55: In Zukunft fahren zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor Oldtimer aus den 50ern – Museumsbetrieb zum Normaltarif.

Die BVG macht’s möglich: Bei ihr können U-Bahnen sogar schweben. Am Ausleger eines Krans. Am Freitag war es bei der U55 so weit. Vor zahlreichen fotografierenden Schaulustigen hob der Kran die ersten der drei bisher zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor eingesetzten Züge aus dem Tunnel und bugsierte ihre Nachfolger; Oldtimer aus den 1950er Jahren, hinunter in die Tiefe. Am Sonnabend folgen die nächsten.

Die nur 1,8 Kilometer kurze Strecke hat bisher keine Verbindung zum Netz der U-Bahn. Von Kranführer Mirko Jahnke war Maßarbeit verlangt. Viel Platz für die Züge gab es in dem Schacht an der Minna-Cauer-Straße beim Hauptbahnhof nicht. Die fast 20 Meter tiefe Öffnung war beim Bau des Tunnels geschaffen worden, um Material, Arbeitszüge und sogar Lastwagen nach unten bringen zu können.

20 Tonnen an einem Haken

Sie war so angelegt worden, dass durch sie auch ein U-Bahn-Wagen passt – allerdings mit nur wenig Raum zu den Wänden. Doch Jahnke, seit sieben Jahren Kranführer, hatte ein ruhiges Händchen. Ohne Anzustoßen hievte er, unterstützt von Kollegen, die ihm per Funk Hinweise gaben, die Wagen nach oben und wieder nach unten. Dabei hatte er immerhin bei den neueren Fahrzeugen rund 20 Tonnen am Haken, bei den Oldtimern sogar 25 Tonnen. Rund eine Stunde dauerte die Prozedur jeweils.

Das Zusammenschrauben der so genannten Traverse, auf der die Wagen jeweils standen, wurde von einem Prüfer an Ort und Stelle vorher auf Festigkeit kontrolliert. Im Tunnel mussten die Züge per Hand zum Schacht hin- und wieder weggeschoben werden. An dieser Stelle gibt es keine Stromschiene. Auf der Strecke macht die BVG jetzt aus ihrer Not ein besonderes Angebot. In Zukunft können Fahrgäste die kurze Fahrt in den ältesten Zügen des Unternehmens genießen – wie bei einer Museumsbahn. Aber zum Normaltarif.

Für rund 1,9 Millionen Euro hat die BVG drei Veteranen, die zuletzt als Arbeitswagen, Museumsfahrzeug oder Lager verwendet worden waren, auf Vordermann bringen lassen. Technisch entsprechen die jeweils zwei Wagen dem heutigen Stand, optisch versetzen sie die Nutzer in die 1950er Jahre. Sogar auf Werbeschildern. Von Sonntag an sollen zwei Oldies auf der neuesten Strecke fahren. Im Sommer folgt dann der letzte Tausch Relativneu gegen Alt.

Der dritte Oldie ist noch nicht komplett aufgemöbelt. Weil für den Alltagsbetrieb Züge fehlen, und zudem Fahrzeuge wie die Baureihe F79 häufiger in die Werkstatt müssen als geplant, will die BVG die bisher eingesetzten neueren Züge auf anderen Linien fahren lassen, die sich nicht für den Oldtimer-Betrieb eignen. Außerdem hätten die Züge ohnehin in die Werkstatt müssen. Die Oldtimer sollen in der nächsten Woche noch eine besondere Beklebung erhalten – mit Bezug zu den Bundesbauten über der „Kanzlerbahn“.

Die Pläne für die U5 gibt es schon lange

Pläne für eine Strecke wie die heutige U5 sind uralt. Sie sollte einst vom Alexanderplatz bis zum Flughafen Tegel führen. Der Bahnhof Jungfernheide an der U 7 ist deshalb als Umsteigebahnhof gebaut worden. Nach der Wende sollte die U-Bahn zunächst bis zum Bahnhof Turmstraße an der U 9 gebaut werden – gleichzeitig mit dem Bau des Hauptbahnhofs.

Mitten im Bauen stieg Berlin aus dem Projekt aus. Erst als der Bund drohte, sein investiertes Geld zurückzufordern, setzte man den Bau vom Hauptbahnhof bis zum Brandenburger Tor fort und nahm 2009 die Ministrecke – ebenfalls auf Druck des Bundes – im Vorgriff auf die künftige U 5 als U 55 in Betrieb.

2012 begannen die Arbeiten für den Lückenschluss zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz – mit den Stationen Unter den Linden, Museumsinsel und Rotes Rathaus. Am vergangenen Mittwoch erfolgte die Verbindung zwischen dem bestehenden und dem neuen Abschnitt. Ende 2020 sollen Züge auf der gesamten U 5 zwischen Hönow und Hauptbahnhof fahren. Die Gesamtkosten sind bisher mit 845 Millionen Euro veranschlag.

Klaus Kurpjuweit

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