Nahverkehr: BVG-Mitarbeiter fahren gratis - auf Kosten der Berliner
Trotz Kritik des Rechnungshofes wird es bei der BVG weiter Freitickets und Rabatte für Ehepartner geben. Die Verkehrsbetriebe lassen sich so jährlich 4,5 Millionen Euro Einnahmen entgehen.
Kritik macht Berlins Verkehrsbetriebe (BVG) nicht unbedingt schneller. Schon vor mehr als vier Jahren hatte der Rechnungshof die Verkehrsbetriebe aufgefordert, die großzügig gewährten Freifahrten für Mitarbeiter auf dienstliche Aufgaben zu beschränken und die Vergünstigungen für Rentner und Ehegatten ganz zu streichen. Geändert hat die BVG seither allerdings nicht viel. Noch immer lässt sie sich mögliche Einnahmen in Höhe von jährlich rund 4,5 Millionen Euro entgehen. So viel käme in die Kasse, wenn die Fahrten bezahlt werden müssten, teilte die Wirtschaftsverwaltung der Abgeordneten Jutta Matuschek (Linke) nach einer Kleinen Anfrage im Abgeordnetenhaus mit.
Beschäftigte erhalten weiter auf Wunsch einen „Fahrausweis für Mitarbeiter“ mit dem sie die Bahnen und Züge des eigenen Unternehmens gratis nutzen können, der aber auch noch für Fahrten bei der S-Bahn, der Regionalbahn, der Havelbus Verkehrsgesellschaft, der Strausberger Eisenbahn, der Schöneicher Rüdersdorfer Straßenbahn sowie der Woltersdorfer Straßenbahn gilt. Der Gratisfahrausweis wird steuerlich verrechnet, so dass die Mitarbeiter weniger Werbungskosten absetzen können. Auch ausgeschiedene Mitarbeiter, die länger aus fünf Jahre bei dem Unternehmen waren, und Vorruheständler dürfen gratis fahren.
Ehegatten mit eigenem Einkommen müssen nur den halben Preis einer Umweltmonatskarte zahlen. Verdienen sie nichts, erhalten sie eine Ermäßigung von 75 Prozent. Zusätzlich können sie auch einen reduzierten Fahrausweis kaufen, der nur für Fahrten mit der BVG gilt.
Nach der Kritik des Rechnungshofes hatte die BVG 2004 versprochen, die Vergünstigungen nach und nach zu streichen. Zunächst bei Ehegatten, dann bei Pensionären. Die Ermäßigungen für Witwen und Witwer sollten „geprüft“ werden, und zuletzt wollte die BVG bei Beschäftigten den Wegfall der Freifahrten in der Freizeit „in Betracht ziehen“.
Dass alles beim Alten geblieben ist, begründet BVG-Sprecherin Petra Reetz mit vertraglichen Bindungen, die nicht einseitig gekündigt werden könnten. Vergünstigungen für Mitarbeiter seien zudem auch bei anderen Verkehrsbetrieben üblich.
Die Bahn gewährt ihren Mitarbeitern 16 Freifahrten im Jahr, deren „geldwerter Vorteil“ nach Überschreiten eines Freibetrags versteuert werden muss. Angehörige dürfen acht Mal im Jahr gratis mit den Zügen fahren. Zudem erhalten Mitarbeiter, die nicht am Wohnort beschäftigt sind, gratis ein Job-Ticket für die Fahrt zur Arbeitsstelle, das ebenfalls versteuert werden muss.
Auch Mitarbeiter der Lufthansa und deren Angehörige sowie Pensionäre können verbilligt fliegen. Nutzen sie das günstigste Angebot, dürfen sie aber nur an Bord gehen, wenn es tatsächlich noch freie Plätze gibt.
Bei den Wasserbetrieben hat der Vorstand Vergünstigungen gestrichen. 2004 gab es für die Mitarbeiter noch ein „Sozialbudget“ in Höhe von jeweils etwa 550 Euro im Jahr. Sie konnten damit ihre Trinkwasser-Rechnung begleichen oder auch das Essen in der Kantine bezahlen. Auch der Kauf einer Jahreskarte für den Nahverkehr war möglich. Nachdem für das Unternehmen aber ein neuer Tarifvertrag galt, der den Mitarbeitern mehr Geld brachte, habe der Vorstand das „Sozialbudget“ abgeschafft, sagt Unternehmenssprecher Stephan Natz.
Mitarbeiter der Stadtreinigung hatten noch gar keine Privilegien. Sie müssen für das Leeren der Mülltonnen durch Kollegen ebenso voll zahlen wie für das Entsorgen von Sperrmüll.