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So könnte der Neue Markt aussehen, rekonstruiert auf dem Grundriss, der bis zum Krieg existierte. Links im Bild steht die Marienkirche. In der Mitte des Platzes ist das Luther-Denkmal zu sehen.
© Simulation: GhB

Dialogverfahren zur Historischen Mitte: Bürger dürfen Wünsche äußern

Ideen für die historische Altstadt sind gefragt. Die Politiker wollen es besser machen, als beim Volksentscheid zum Tempelhofer Feld und das Volk von Anfang an direkt beteiligen – ohne Vorgaben.

Ein wichtiges Zeichen an die Stadtgesellschaft: Der Senator für Stadtentwicklung spricht zuletzt. Bei der Vorstellung des Dialogverfahrens zur Historischen Mitte im Umspannwerk am Alexanderplatz musste Andreas Geisel (SPD) erstmal zwei Stunden zuhören. Dann sprach er relativ offen von seinen persönlichen Wünschen fürs zugige Rathausforum, wo einst Berlins Altstadt stand. „Mein Bild von Berlin ist Veränderung, nicht die Rückbesinnung.“ Er möchte auch keine „Privatisierung des öffentlichen Raums“. Dabei verwies er auf die jüdischen Eigentümer im ehemaligen Zentrum Berlins, deren Eigentum von den Nazis geraubt und später nie entschädigt worden sei. Heute seien die juristischen Ansprüche verjährt, nicht aber die moralischen.

Da soll sich was tun in der historischen Mitte: Neuer Markt und Rathausforum, Alexanderplatz, Molkenmarkt, Stadtschloss-Neubau
Da soll sich was tun in der historischen Mitte: die Schauplätze in der Tagesspiegel-Grafik.
© Tsp/Bartel

Rund 300 Zuhörer waren zur Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung gekommen, mehr als erwartet. Sie ließen sich erklären, wie Anwohner, Anrainer, Touristen und alle Interessierten ab April in Workshops, Begehungen, Kolloquien und Theateraktionen über die Bedeutung des Ortes vor dem Roten Rathaus diskutieren sollen. Das Dialogverfahren kostet 450 000 Euro und ist die Antwort der Politik auf die Niederlage beim Volksentscheid zur Bebauung des Tempelhofer Feldes. Die Stadtentwicklungspolitiker der Fraktionen sollen sich am Dialog beteiligen, aber im Hintergrund halten. „Wir wollen mit einem weißen Blatt Papier in das Verfahren gehen“, sagt Stefan Evers, Bau-Experte der CDU. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher warb um Vertrauen in die Verwaltung. Die Diskussion solle erstmal darum kreisen, welche Nutzungen sich die Berliner wünschen. Die gegenwärtigen Bauarbeiten an der Marienkirche seien kein Präjudiz für spätere Lösungen. Lüscher hatte in einem Ideenwettbewerb von Architekturstudenten Vorschläge präsentiert, die von einer Bebauung weitgehend absahen. Sogar ein Wasserbecken zwischen Rotem Rathaus und Marienkirche schien denkbar.

Dagegen protestierten die Verfechter einer historischen Rekonstruktion der alten Platz- und Straßengrundrisse, organisiert in der Gesellschaft Historisches Berlin und dem Verein Berliner Historische Mitte. Der Zeitplan ist ambitioniert. Im Herbst soll ein „Manifest“, das die Ergebnisse des Bürgerdialogs zusammenfasst, an das Abgeordnetenhaus übergeben werden. Ende des Jahres könnte ein internationaler Wettbewerb gestartet werden, dessen Ergebnisse bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2016 vorliegen würden. Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek kritisiert die Zeitplanung. Die Historische Mitte dürfe nicht in den Wahlkampf hineingezogen werden.

Mehr über das Verfahren online: stadtdebatte.berlin.de

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