Noch mehr Geld für den BER: Bundesverkehrministerium gewährt Einsicht in EU-Antrag
Der Bund gibt Michael Müller nun doch den EU-Antrag zum neuen Hauptstadtflughafen BER. Der kennt die Zahlen aber sowieso schon, bis auf eine: Noch mal 100 Millionen mehr.
Der Bund will im Konflikt mit Berlins Regierendem Bürgermeister und designiertem BER-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) um Milliarden für den neuen Hauptstadtflughafen keine Eskalation: Das Bundesverkehrsministerium hat nach Tagesspiegel-Informationen entschieden, dass Müller und seinem brandenburgischen Amtskollegen Dietmar Woidke (beide SPD) nun doch auch die Endfassung des am 24. März 2015 bei der EU-Kommission eingereichten Pränotifizerungsantrages zur Verfügung gestellt wird. Das hatte die Arbeitsebene von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt bisher abgelehnt.
Mit dem Pränotifizerungsantrag wird die Genehmigung für mehr als 2,5 Milliarden Euro weitere staatliche Beihilfen und Bürgschaften der drei BER-Eigentümer Berlin, Brandenburg und Bund für den bislang 4,3 Milliarden Euro teuren BER beantragt.
Gewinnausschüttung rückt in weite Ferne
Ausschlaggebend für das jetzige Votum der Ministeriumsspitze ist dem Vernehmen nach, dass der bei der EU eingereichte Endantrag weitestgehend identisch mit dem 50-Seiten-Entwurf ist. Dieser war am 18. Februar 2015 an alle Mitglieder des Aufsichtsrates – auch an Müller – verschickt worden.
Der Antrag in den Unterlagen für die Aufsichtsratssitzung am 13.3.2015 ging „streng vertraulich“ von einem Zuschussrahmen von bis zu 2,5 Milliarden Euro aus. Für den Fall, dass die nicht kreditfähige Flughafengesellschaft (FBB) die für den Schuldendienst nötige Erweiterungen benötigten 2,2 Milliarden Euro nicht direkt von den drei Eigentümern überwiesen bekommt, sondern dafür öffentlich verbürgte Kredite aufnehmen muss, hieß es beispielsweise: Die Fremdkapitalaufnahme zur Schließung der Finanzierungslücke verlangsame „die erwartete Entschuldung der FBB und vergrößert den Finanzierungsbedarf um zusätzliche 300 Millionen Euro auf insgesamt 2,5 Milliarden Euro.“ Damit rückten auch Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter in weitere Ferne.
Brandenburg will den Regierenden nicht bloßstellen
Nachdem der Tagesspiegel die bis dato öffentlich nicht mitgeteilte Zahl publik machte, hatten Müller und Woidke zunächst behauptet, dass die Aufstockung von 2,2 Milliarden auf 2,5 Milliarden Euro ein Alleingang des Bundes gewesen sei. Woidke korrigierte dies am Tag darauf als „Kommunikationspanne“, Müller zwei Tage später verklausuliert im Abgeordnetenhaus.
Der Regierende forderte seitdem auch im Namen Woidkes vom Bund die Herausgabe aller Notifizierungsunterlagen. Brandenburg fühlt sich dem Vernehmen nach vom Bund, entgegen der Darstellung Müllers ausreichend informiert und beteiligt, will aber den Regierenden nicht bloßstellen.
Nochmals 100 Millionen mehr?
In einem Detail ging der Bund aber tatsächlich über den Stand der Aufsichtsratssitzung vom 13.3.2015 hinaus. Nach Tagesspiegel-Informationen wurde bei der EU in Brüssel sogar ein Kapitalzuschuss von bis zu 2,6 Milliarden Euro für den BER angemeldet, also noch einmal einhundert Millionen Euro mehr. Diese 100 Millionen seien ein weiterer „Risikopuffer“, falls die bislang grob mit 700 Millionen Euro geplanten kurzfristig nötigen Erweiterungen des BER nicht ausreichen, heißt es in Gesellschafterkreisen.
Auch diese Summe sei aber nicht völlig neu, sondern bereits bei einem Gesellschaftertreffen auf Arbeitsebene in Anwesenheit eines Berliner Ministeriellen am 19. Februar 2015 besprochen worden. Den Weg in die Aufsichtsratsunterlagen – dort stehen 2,5 Milliarden – haben die 2,6 Milliarden Euro allerdings nicht gefunden.
Worst-Case: Milliardengrab
Zu Details des Notfizierungsantrages will sich das Bundesverkehrsministerium auf Anfragen aus dem Bundestag wie auch gegenüber Medien nicht äußern. Im BER-Pränotifizierungsverfahren muss Deutschland nachweisen, dass ein privater Investor in dieser Situation genauso viel Geld nachschießen würde, und dass dies wirtschaftlicher als ein Stopp des Flughafenbaus sei. Das Worst-Case-Szenario eines Milliardengrabes wurde für die EU detailliert untersucht – und verworfen.
Thorsten Metzner