Millionen für Corona-Aufholjagd: Bundesgelder erreichen Berliner Schulen nicht
Nur jede vierte Schule hat bisher Verträge zum Programm "Stark trotz Corona" abgeschlossen. CDU beklagt hohen Verwaltungsaufwand bei der Mittelvergabe.
Die Bundesmillionen für die Corona-Aufholjagd kommen nur schleppend bei Berlins Schülerinnen und Schülern an. Erst jeder neunte Euro ist bisher für die Beseitigung von Lernrückständen abgerufen worden. Dies hat die CDU-Abgeordnete Katharina Günther-Wünsch bei der Senatsverwaltung für Bildung erfragt. Die noch unveröffentlichte Antwort liegt dem Tagesspiegel vor.
Demnach hat der Bund im Zeitraum 2021 bis 2022 rund 44 Millionen Euro für die Berliner Lernförderung bewilligt, aber nur fünf Millionen Euro wurden bislang in Verträgen gebunden. Nicht besser sieht es bei den Geldern für die Jugend- und Schulsozialarbeit aus, die ebenfalls für die Überwindung der Corona-Folgen bei den Schülerinnen und Schülern gedacht sind.
In diesem Bereich wurden zwölf Millionen Euro für Berlin veranschlagt, aber nur zwei Millionen sind bisher verplant. Nun befürchtet die CDU, dass die Gelder verfallen, da sie bis Ende 2022 ausgegeben sein müssen. Übertragbar in das Jahr 2023 sind die Mittel nicht. Die Senatsverwaltung für Bildung geht davon aus, dass "90 Prozent" der Gelder ausgegeben werden können.
Bereits in den Vorwochen hatten Schulleitungen kritisiert, dass das Prozedere des Programms zu kompliziert sei: Sie können nicht einfach auf die freien Träger zugreifen, mit denen sie gut zusammenarbeiten, sondern müssen alles über eine Vergabeplattform abwickeln. Dieser Vorgang enthält derartige Hürden, dass viele Träger sich dem Verfahren nicht anschließen können oder wollen.
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„Damit es schneller vorangeht, müssen die Schulen die Corona-Mittel selbstständig mit ihnen bekannten freien Trägern einsetzen können“, fordert die CDU-Abgeordnete Günther-Wünsch, die bis zur Wahl stellvertretende Schulleiterin der Neuköllner Walter-Gropius-Schule war. Schulleitungen würden „tagtäglich wesentlich größere Summen verwalten“. Die Mittel müssten „zweckgebunden, aber eigenverantwortlich“ ausgegeben werden können.
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Die Bildungsverwaltung argumentiert mit den strengen Vergaberichtlinien, die dieses Vorgehen unumgänglich machen. Günther-Wünsch lässt das nicht gelten: Sie könne in der Zielvereinbarung zwischen Bund und Ländern „keinen Passus entdecken, der es den Ländern vorschreibt, über eine europäische Vergabeplattform, die den Anforderungen der Schullandschaft auch gar nicht gerecht wird, die Mittel zu verausgaben“. In der Konsequenz könnten die Schülerinnen und Schüler „weder kognitiv noch sozial- emotional gefördert werden“.
Zugespitzte Lage an Schulen erschwert die Suche nach Anbietern
Verschiedene Schulen bestätigen, dass ihre Träger inzwischen eine Teilnahme am Bundesprogramm abgesagt hätten, da der Bürokratieaufwand in keinem Kosten-Nutzen-Verhältnis stehe. Sie selbst hätten es bislang wegen ihres Lehrkräftemangels und wegen hoher Krankenstände nicht geschafft, neue Träger zu finden. Eine nicht repräsentative Umfrage der Vereinigung der Sekundarschulleitungen (BISSS) deutet darauf hin, dass der Krankenstand zurzeit noch höher ist als sonst im Dezember.
Der BISSS-Vorsitzende Sven Zimmerschied berichtete von Schulen, die zurzeit nur auf 80 Prozent oder noch weniger ihres Personals zugreifen könnten. Das liege am Krankenstand, aber auch daran, dass Lehrkräfte - etwa wegen Kita-Quarantäne - auf ihre eigenen Kinder aufpassten müssten. Während sich die Leitungen bemühten, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten, sei es nicht allen möglich, freie Träger für das Bundesprogramm zu finden: Da es auf der Vergabeseite so wenig Anbieter gebe, müsse man selbst Träger finden, die bereit seien, sich auf das Prozedere des Bundesprogramms einzulassen.
Höhere Jahrgänge als Mentorinnen und Mentoren gefragt
Bisher hat daher erst jede vierte der 700 Berliner Schulen Verträge mit Anbietern der Lernhilfen und Sozialarbeit abgeschlossen. Die Bildungsbehörde nannte das komplizierte Verfahren gegenüber dem Tagesspiegel „alternativlos“. Die „Hauptursache“ für das geringe Angebot auf der Vergabeplattform sei der Mangel an Fachkräften, lautete die Auskunft. Dieses Problem betreffe auch andere Bundesländer.
Um das Angebot zu verbessern, werde es am 20. Dezember eine weitere Ausschreibung geben. Zudem sollen ältere Schülerinnen und Schüler als Mentoren für jüngere gewonnen werden.
Hamburg hatte bereits im März ein Mentorenprogramm angeregt, bei dem Studentinnen und Studenten in die Schulen gehen. Dieses Hamburger Programm startete nach den Sommerferien, also vor dem Bundesprogramm. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hatte empfohlen, bei dem Millionenpogramm vor allem bedürftige Schulen zu bedenken und die Gelder nicht mach dem "Gießkannenprinzip" zu verteilen.
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