Radfahren in der Hauptstadt: Bund bremst beim Ausbau der Berliner Radschnellwege
Pläne für Radschnellwege und Radspuren am Tempelhofer Damm werden konkret – und die Stammbahn ist raus. Bundesgeld dafür gibt es 2017 nun doch nicht mehr.
Der Radschnellweg neben der S 1 von Zehlendorf nach Schöneberg ist aus dem Rennen – aber für mehrere andere Verbindungen werden die Pläne konkreter. Am weitesten vorangekommen ist nach Auskunft der Verkehrsverwaltung die „Y-Trasse“, deren Äste entlang der A 113 und der in Bau befindlichen A 100-Verlängerung zwischen Neukölln und Treptower Park verlaufen.
Die eigentlichen Trassen sind überwiegend schon vorhanden, allerdings fehlen noch eine Brücke über den Britzer Zweigkanal und brauchbare Anschlüsse ans übrige Straßen- und Radwegnetz. Für dieses Gesamtpaket – einschließlich „Korridor“ zwischen Südstern und Rungiusstraße in Britz – soll noch in diesem Jahr eine Machbarkeitsstudie beauftragt werden.
Freie Fahrt für Radler
Die neu gegründete Planungsgesellschaft Infra-Velo soll in den nächsten Jahren sieben weitere Bereiche untersuchen, durch die Radschnellwege verlaufen sollen (siehe Grafik). Oben auf der Liste stehen eine Trasse von Mitte entlang dem Spandauer Schifffahrtskanal über Tegel nach Spandau sowie eine, die über Königs- und Kronprinzessinnenweg vom Dreieck Funkturm zum Wannsee führt.
Darauf folgen sollen ein „Panke-Trail“ von Mitte in den Nordosten, eine West-Route entlang der B 5 (Straße des 17. Juni – Heerstraße), eine Route am Teltowkanal durch Steglitz sowie zwei Strecken durch Spandau.
Die meisten dieser insgesamt rund 100 Kilometer langen Trassen sind schon jetzt für Radfahrer nutzbar, aber in vielen Fällen sind häufige Ampelstops nötig, Lücken umständlich zu überbrücken und Fahrbahnseiten zu wechseln, was komfortables Vorankommen verhindert.
Im Südwesten blockiert die Bahn
Der vor allem von der Südwest-CDU geforderte Radschnellweg auf der stillgelegten Stammbahn parallel zur S 1 schied laut Verkehrsverwaltung mangels Wirtschaftlichkeit aus: Zum einen würde die Trasse nach rund zehn Jahren für die Wiederinbetriebnahme des Bahnverkehrs schon wieder abgeräumt werden müssen, zum anderen habe die Deutsche Bahn angekündigt, dass sie den von ihr nach wie vor genutzten Abschnitt in Zehlendorf nicht zur Verfügung stelle.
Bereits im Frühjahr hatte die Verwaltung eine Liste mit rund 90 überwiegend kleinteiligen Projekten zugunsten eines sichereren Radverkehrs erstellt, die nach Auskunft der Verwaltung nun unter neuer Prämisse abgearbeitet wird – nämlich, statt der von Autofahrern besonders oft zugeparkten Schutzstreifen (mit gestrichelter Linie) nur noch Radstreifen (durchgezogene Linie) anzulegen, die möglichst zwei Meter breit und baulich gegen Falschparker geschützt sein sollen.
Hoffnung auf dem Te-Damm
Aktuell ist der Tempelhofer Damm auf die Agenda gekommen, der laut einem BVV-Beschluss vom Mittwoch zwischen Alt-Tempelhof und Ullsteinstraße möglichst bald Radstreifen bekommen soll
. „Wir gucken uns das wohlwollend an“, heißt es aus der Senatsverkehrsverwaltung, die die Streifen anordnen muss. Der nördliche Teil des für Radfahrer extrem unangenehmen, aber schlecht zu umfahrenden Te-Damms soll allerdings erst im Zuge der Komplettsanierung ab 2022 fahrradfreundlicher werden.
Auf Geld vom Bund für Radschnellwege kann Berlin vorerst ebenso wenig hoffen wie die anderen Länder, die beim Bundesverkehrsministerium insgesamt 80 Projekte angemeldet haben: Die schon für Juni avisierte Förderrichtlinie befinde sich „zurzeit in der Ressortabstimmung“, teilte das Ministerium dem Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel (Grüne) auf Anfrage mit. Damit sind die im Haushalt eingestellten, ohnehin zu gering bemessenen 25 Millionen Euro gesperrt.
Und was nicht ausgegeben wird, kann laut Haushaltsregeln auch für Straßenbau verwendet werden. „Die Radschnellwegförderung der Bundesregierung ist für 2017 eine Luftnummer“, resümiert Gastel. Und bei der Berliner Verkehrsverwaltung heißt es: „Wir werden uns auch nach anderen Fördertöpfen umsehen.“