Investitionsstau Preußenschlösser: Brandenburgs Schlössern fehlt Liebe - und eine Milliarde Euro
Vandalismus, Bausünden und Sanierungsstau: Schlösserstiftung beklagt lieblosen Umgang mit Potsdamer Schlössern. Auch die Badestellen sind ihr ein Dorn im Auge.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass es im Binnenklima zwischen Stadt und Schlösserstiftung einen heftigen Temperatursturz gegeben hat, so lieferte ihn Hartmut Dorgerloh. Der Generaldirektor der Stiftung nutzte am Dienstagabend die Gelegenheit zu einer Generalabrechnung mit Rathaus und Stadtpolitik. Anlass war eine von der Stadt im Bildungsforum ausgerichtete Podiumsdiskussion zu den Potsdamer Welterbestätten, die vor 25 Jahren in die Unesco-Liste aufgenommen wurden.
Er habe den Eindruck, erklärte Dorgerloh, man sei in Potsdam sehr zufrieden mit dem Welterbe, „weil man dafür nicht viel tun muss“. Dabei stehe es trotz großer Erfolge bei der Sanierung keineswegs zum Besten mit dem Zustand der Welterbeschlösser. Noch immer gebe es einen Instandhaltungsbedarf von einer Milliarde Euro. Derzeit kämpfe die Stiftung um eine Neuauflage des Masterplans zur Rettung bedrohter Preußenschlösser. Wie berichtet wird mit dem Bund, Berlin und Brandenburg diesmal über 300 Millionen Euro verhandelt.
Dorgerloh vermisst Unterstützung der Stadt
Doch Dorgerloh vermisst in diesen Gesprächen den Rückhalt von der Stadt. „Haben sich die Stadtverordneten schon mal mit dem Thema beschäftigt?“, fragte er provokant. „Wo in Potsdam finde ich die politische Unterstützung, damit wir das Geld auch kriegen?“ Der Stadt warf er vor, nicht sensibel genug mit dem Kulturerbe umzugehen: Statt historisch unbebaute Flächen im direkten Welterbeumfeld zu schützen, werde ein Bauvorhaben wie am Humboldtring genehmigt, kritisierte er. Wie berichtet will ein Berliner Investor zwischen Nutheschnellstraße, Havel und dem Wohngebiet Zentrum- Ost mehrere bis zu fünfgeschossige Gebäude errichten, in denen rund 300 Wohnungen entstehen sollen.
Stiftung und Landesdenkmalamt hatten ihr Veto eingelegt, weil sie historische Sichtbeziehungen zwischen dem Park Babelsberg und der Potsdamer Innenstadt beeinträchtigt sehen, die Stadtverordneten hatten der Aufstellung eines Bebauungsplans jedoch zugestimmt – nicht zuletzt, weil der Investor einen Teil der Wohnungen zu Sozialwohnungen mit moderaten Mieten machen will. „So etwas halte ich nicht für akzeptabel“, kritisierte Dorgerloh. Keine Mietpreisbindung bestehe ewig, der Schaden am Welterbe sei aber nicht wiedergutzumachen. Besucher von außerhalb nähmen inzwischen vielfach an, Potsdams Ziel sei „maximale Verdichtung“.
Zustände an Badestellen "unhaltbar"
Auch die Potsdamer Bürger bekamen ihr Fett weg: Auch im Bewusstsein der Einwohner sei der Wert des Welterbes noch zu wenig verankert, sagte er. Wer an einem heißen Sommertag über die Schwanenbrücke zum Heiligen See im Neuen Garten gehe, der könne kaum den Eindruck gewinnen, er befinde sich in einer Unesco-Stätte, sagte Dorgerloh. Wie berichtet hatte die geduldete Badestelle in diesem Jahr pro Tag bis zu 4000 Besucher gezählt – die Folge waren Müllberge und Vandalismus bislang ungekannten Ausmaßes.
Diese Zustände seien unhaltbar, drohten mittlerweile aber auch im Park Babelsberg. Dort unterhalte die Stadt zwar ein Strandbad, die Badegäste tummelten sich aber lieber kostenlos auf den Uferabschnitten bis zur Höhe Glienicker Brücke, sagte Dorgerloh und kündigte Konsequenzen an: „Wir werden uns da etwas überlegen müssen.“
Die Stadt sei hingegen gut beraten, „sich mit der Attraktivität des Freibades auseinanderzusetzen“. Dazu gehöre auch eine bessere Erschließung. Wie berichtet soll das Strandbad ein Stück in Richtung Humboldtbrücke verlagert werden, damit die Stiftung den historischen Rundweg, Drive genannt, wiederherstellen kann. Dafür muss auch der ansässige Seesportclub seinen Platz räumen, der Pachtvertrag läuft Ende 2017 aus.