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„Stärken verbinden“ - der Slogan der Entwicklungsstrategie.
© euroluftbild.de/Bernd Clemens

Mehr Gewerbe, Wohnraum und Infrastruktur: Brandenburger Regierung stellt Strategie zur Regionalentwicklung vor

Die Brandenburger Kenia-Koalition hat eine neue Regionalstrategie vorgelegt. Entlang von elf Achsen soll das Land entwickelt werden. Dabei spielt auch die Nähe zu Berlin eine Rolle.

Potsdam - Wieder mal auf Achse: Die von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführte Kenia-Landesregierung hat jetzt eine neue „Strategie zur Regionalentwicklung“ im Land Brandenburg präsentiert – genauer, die „Leitplanken“ dafür: Das 13-Seiten-Papier samt Landkarte zeigt, wo sich mehr Gewerbe ansiedeln, mehr Menschen hinziehen, mehr Infrastruktur entstehen soll. Staatskanzlei–Ministerin Katrin Schneider (SPD) stellte das Papier am Dienstag in Potsdam vor. Zuvor war es ohne Widerstände vom Kabinett aus SPD, CDU und Grünen beschlossen worden.

Im Kern werden elf Entwicklungsachsen ausgewiesen, die entlang der großen Schienentrassen von der Metropole Berlin und ihrem Speckgürtel aus radial ins Land führen, in den Richtungen Hamburg, Rostock, Stettin, Hannover, Breslau, Leipzig oder Dresden. Es sind Korridore, breiter als der „Berliner Siedlungsstern“ aus Landesentwicklungsplänen.

Die Neuausrichtung illustriert vor allem der Slogan „Stärken verbinden“, der das bisherige „Stärken stärken“ ablöst, das Brandenburgs Regierungspolitik eineinhalb Jahrzehnte propagierte. Es war unter dem damaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) eingeführt worden, als dieser 2005 die Förderpolitik in Brandenburg – vor dem Hintergrund knapper Kassen und des damals noch rasanten Bevölkerungsrückgangs in berlinfernen Regionen – auf 15 sogenannte „Regionale Wachstumskerne“ konzentrierte, Städte mit großen Unternehmen und Forschungseinrichtungen.

Doch diese Konzentration auf Leuchttürme gilt inzwischen nicht mehr als zeitgemäß, zum einen, weil der Speckgürtel ins Landesinnere wächst, inzwischen also auch Städte in der sogenannten zweiten Reihe wie Luckenwalde oder Eberswalde von Zuzüglern aus Berlin profitieren. Zum anderen gebe es mit dem Umbau der Industrie zur Klimaneutralität, mit Digitalisierung samt Co-Working-Spaces, mit Möglichkeiten, auf dem Lande zu forschen und zu arbeiten, neue Chancen, hieß es. Mit der Pandemie und dem Homeoffice hätten sich solche Trends verstärkt, sagte Schneider.

Berlin soll nicht vor der Tür gelassen werden. „Die Entwicklung kann nur gemeinsam mit Berlin erfolgreich sein“, sagte Schneider. Als Beispiel nannte die Staatskanzleichefin den „überlaufenden“ Technologiestandort Adlershof, der bereits in Lübben an einem „neuen Trittstein“ arbeite, an einer Dependance. Es könnte laut Schneider eine Achse von Adlershof über Lübben zum Science Zentrum in der Stadt Cottbus münden, wo im Zuge des Lausitzer Strukturwandels gerade Forschungsinstitute und eine Universitätsmedizin aufgebaut werden.

Brandenburg, das früher hinter anderen Ost-Ländern herhinkte, liegt inzwischen in vielen ökonomischen Kenndaten vorn. Nun gehe es darum, auf diese Dynamik aufzubauen, die Regionalen Wachstumskerne und deren Stärken „besser miteinander“ zu verbinden, sagte Schneider. Gemeint ist also vor allem Networking, Kommunikation. Mit einer „integrierten und aktiven Strukturpolitik“ wolle die Regierung dazu beitragen, „in allen Regionen gleichwertige Lebensverhältnisse zu sichern“, betonte Schneider. Und zwar, indem Effekte aus den Korridoren ausstrahlen. Denn auffällig blieb, dass auf der neuen Staatskanzlei-Karte große Teile der Uckermark, des Oderbruches oder auch der nördlichen Lausitz leer sind, Zwischenland, dem die Sorge anhaftet, abgehängt zu werden.

Für die Opposition greifen die Ansätze zu kurz. Man dürfe „nicht nur Wachstumsmythen hinterherlaufen“, sagte Linke-Fraktionschef Sebastian Walter. Eine Regionalstrategie für das gesamte Land müsse die soziale Frage ins Zentrum rücken, dürfe nicht alles auf Achsen von Berlin aus fokussieren. Die Leitplanken seien der Aufschlag, der Dialog mit regionalen Akteuren folge, sagte Schneider. Danach wolle man sich auf Schlüsselprojekte für jede Achse verständigen. Für Sommer 2022 ist Wiedervorlage angekündigt. Thorsten Metzner

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