Kriminalität von Schwedt bis Guben: Brandenburg verschärft Grenzkontrollen zu Polen
650 Autos, 2300 Fahrräder, mehr als 100 Traktoren - so viel wurde in grenznahen Regionen gestohlen. Brandenburgs Regierung warnt vor Kriminellen und kündigt nun neue Kontrollen an der Grenze zu Polen an.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist der neue Polen-Beauftragte der Bundesregierung. Sein Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) überraschte am Mittwoch mit der Ankündigung, wegen der 2013 erneut dramatisch gestiegen Kriminalität in der Grenzregion sieben Jahre nach dem Wegfall der Grenzkontrollen mit dem Schengener Abkommen wieder verkappte Kontrollen entlang der brandenburgisch-polnischen Grenze einzuführen.
„Wir werden exakt das machen, was Schengen im Rahmen des Zulässigen gerade noch hergibt. Wir werden extensiv an die Grenze dessen gehen, was möglich ist“, sagte Holzschuher. „Wir werden unmittelbar vor allen Straßenübergängen kontrollieren.“ Ziel sei es, dies mit Polen gemeinsam zu tun. „Denn wir können den Kampf nur gemeinsam gewinnen.“ Einen Termin beim Botschafter Polens will sich Woidkes Innenminister allerdings erst jetzt holen, nach seiner Ankündigung. Er begründete die neuen Kontrollen mit der Grenzkriminalität, die er indirekt auch auf Defizite im EU-Nachbarstaat zurückführte. „Die Erwartungen sind nicht aufgegangen, dass die neue Ostgrenze der EU in Polen in gleicher Weise gesichert wird wie es früher in Deutschland der Fall war.“
In der Pressekonferenz musste Holzschuher, der vorige Woche schon zunehmende Wohnungseinbrüche im Berliner Speckgürtel einräumte, einen teils dramatischen Anstieg der Diebstähle in den 24 Gemeinden und Städten entlang der Grenze verkünden - von Schwedt im Norden, über Frankfurt an der Oder bis Guben und Forst im Süden, in Orten wie Gartz oder Letschin. Und das, obwohl seit 2010 ein vom damaligen Innenminister Woidke in die Grenzregion abgeordnetes Polizeigroßaufgebot genau das verhindern sollte. Seitdem sind drei der vier Hundertschaften der Bereitschaftspolizei des Landes vor allem dort im Einsatz, ebenso eine Sondereinheit „Grenze“ mit rund neunzig Beamten .
Jeden Tag werden durchschnittlich zwei Autos gestohlen
Trotzdem stieg der Zahl der Straftaten dort auf 22 184 (2012: 20 251) - das sind 9,5 Prozent mehr. Zwar verbesserte sich auch die Aufklärungsquote auf 57,3 Prozent, die deutlich über dem Landesschnitt liegt. Für Frust und Wut in der Bevölkerung sorgen alltäglich gewordene Diebstähle in der dünnbesiedelten Gegend. 2013 wurden in den 24 Orten 651 Autos geklaut, fast zwei jeden Tag, über hundert mehr als 2012. Nur jeder fünfte Fall wurde aufgeklärt. Entwendet wurden 2284 Fahrräder, 2012 waren es 1818, wobei die Aufklärungsquote hier von 8,1 Prozent auf 24,7 Prozent gesteigert wurde. Jeden Tag wurde irgendwo in den Grenzstädten und Dörfern in Garagen und Gartenlauben eingebrochen, zwei mal täglich in eine Firma. Allein 149 Traktoren oder andere Maschinen wurden 2013 geklaut, 104 waren es noch 2012. „Die klauen unmittelbar an der Grenze, weil sie wissen, sie sind in drei Minuten weg“, sagte Polizeipräsident Arne Feuring. Sorge bereite, dass die Banden immer internationaler operieren würden.
Darauf reagiert Holzschuher jetzt mit einer Umstrukturierung. Die 54 Ermittler der bisherigen Sondereinheit werden einer neuen Soko im Landeskriminalamt, die 42 Fahnder wieder direkt den vier Polizeidirektionen im Land unterstellt, wo sie sich aber weiter um Grenzkriminalität kümmern sollen. Holzschuher versicherte, aus der Grenzregion werde kein Polizist abgezogen. Opposition und Gewerkschaften bezweifeln das.