Neuvermessung: Brandenburg ist plötzlich größer - dank "Alkis"
Die Mark ist jetzt 169 Quadratkilometer größer. Auch Berlin könnte zulegen, vor allem im Osten. Finanzielle Effekte dürfte die Korrektur aber nicht haben.
Brandenburg ist binnen Jahresfrist um 169 Quadratkilometer gewachsen. Das entspricht ziemlich genau der Fläche von Treptow-Köpenick, Berlins größtem Bezirk. Wie dieser – vom Statistikamt jetzt veröffentlichte – Gebietsgewinn ohne einen Herrscher vom Schlage Wladimir Putins möglich war, will der Landesbetrieb Geoinformation in Potsdam bis nächste Woche abschließend klären. Im Prinzip ist aber klar, dass es an Alkis liegt.
Das Kürzel steht für „Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem“ und bezeichnet ein bundesweit einheitliches Datenmodell zur Erfassung von Flächen. „Die einzelnen Flurstücke wurden in Preußen und Deutschland etwa von 1860 bis 1900 erfasst“, erklärt Birger Schmidt vom Statistikamt. Gemessen worden sei teils vor Ort und teils anhand von Karten – mit entsprechender Ungenauigkeit, die in den Grundbüchern erhalten blieb. Neu gemessen werde üblicherweise für Bauprojekte oder „wenn die Oma zwei Söhne hat und das Grundstück geteilt wird“.
Bei Äckern oder Wäldern gebe es dagegen selten Anlass dafür. Erfahrungsgemäß erwiesen sich bei Neuvermessungen mit heutiger Technik die Grundstücke meist als größer im Vergleich zur historischen Erfassung. Das Phänomen ist auch in Brandenburg seit Jahren bekannt – aber offenbar tritt es erst bei der Übertragung des Datenbestandes ins neue Computersystem so deutlich zutage. Der Gebietsgewinn verteile sich auf alle Landkreise, sagt Schmidt. Der geografische Mittelpunkt des Landes, der je nach Methode nördlich von Potsdam oder in Berlin liegt, dürfte sich also nur wenig verschieben.
Keine finanziellen Effekte
Deutschland insgesamt ist außerhalb Brandenburgs nicht nennenswert gewachsen, obwohl alle Bundesländer nach und nach das neue Datensystem etablieren. Etwa zur Hälfte ist die Umstellung geschafft. So markante Veränderungen wie jetzt in Brandenburg hat kein anderes Bundesland verzeichnet. Finanzielle Effekte dürfte die Korrektur nicht haben.
In Berlin, das durch Neuvermessungen seit 1995 nur um etwa einen auf aktuell 891,68 Quadratkilometer „gewachsen“ ist, soll das System 2015 eingeführt werden. Die Ausgangslage mit den teils mehr als 100 Jahre alten Daten ähnele der in Brandenburg, sagt Wolfgang Nickel, Experte für Geoinformation bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Ob wir den gleichen Effekt haben werden wie in Brandenburg, kann ich noch nicht absehen. Aber wir werden Flächenveränderungen haben.“
In Berlin sei allerdings wegen der baulichen Dynamik der Stadt zu jeder Zeit mehr – und damit zunehmend präzise – vermessen worden. Korrekturen erwartet Nickel eher für die östlichen Bezirke, wo mehr frühere landwirtschaftliche Flächen erst in jüngerer Zeit als Baugebiete erschlossen und vermessen worden seien. Dass sich Grundstücke bei Neuvermessung als größer erweisen, sei häufig, aber keineswegs selbstverständlich: „Mein Privatgrundstück ist durch Neuvermessung zwei Quadratmeter kleiner geworden.“
Stefan Jacobs