Verschneite Mark: Brandenburg – ein Wintermärchen
Mit Glühwein im Spreewald-Kahn oder auf Langlaufski durch den Fläming: Wer Ruhe sucht, der ist hier richtig. Die verschneite Mark wird bei Touristen immer beliebter.
Potsdam - Weiß in weiß liegt die Landschaft, scheinbar lautlos kreuzen Rehe in wenigen Metern Entfernung den Weg, der Schnee dämpft alle Geräusche, nur das Krachen der Eisschollen auf der Oder ist in der Stille zu hören. Eine Winterwanderung an dem deutsch-polnischen Grenzfluss ist das Gegenprogramm zur Skigaudi in den Alpen – und für Dieter Hütte, Chef der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB), der Geheimtipp für Brandenburg-Gäste in der kalten Jahreszeit. „Für einen schönen Winterurlaub braucht man nicht unbedingt Berge“, findet der Tourismuswerber.
Längst ist das Land der Seen und Flüsse auch im Winter zum attraktiven Urlaubsziel geworden. Selbst auf Skivergnügen muss nicht ganz verzichtet werden, allerdings geht es dabei meist nicht im Schuss bergab, sondern im Laufschritt entlang gezogener Loipen. Aber auch wer sich keine Bretter unter die Schuhe schnallen will, hat die Qual der Wahl: Von der Glühweinkahnfahrt durch den Spreewald über Kutschfahrten durch den Fläming, Wellness und Entspannung in den märkischen Kurorten bis hin zu Kulturangeboten wie Konzerten, Museen oder Theater: Brandenburgs Tourismusbranche schläft nicht, auch wenn die Natur Auszeit nimmt.
Unter der Marke „Winterliches Brandenburg“ bewirbt die TMB seit 1999 verschiedene Angebote für die Wintermonate – Hotel-Übernachtungen zum ermäßigten Preis von 59 oder 79 Euro pro Doppelzimmer und speziell auf Wintergäste zugeschnittene Arrangements. „Eine echte Erfolgsgeschichte“, meint der TMB-Chef. Längst werde im Winter nicht mehr nur wegen der günstigen Preise gebucht, sondern aufgrund der vielen zusätzlichen Angebote der Hotelbetreiber, wie etwa Winterwanderungen oder Wellnessprogramme. Gegenüber der Saison 2003/2004 habe sich allein die Zahl der Buchungen, die über die TMB erfolgen, zuletzt mehr als verfünffacht, so Hütte. Selbst wenn es in den Wintermonaten immer noch deutlich ruhiger ist als im Sommer, bestätigen auch Hotelbesitzer das wachsende Interesse der Gäste an der verschneiten Mark.
Zum Beispiel im Romantikhotel Alte Försterei in Kloster Zinna (Teltow-Fläming), einem Haus mit 20 Zimmern. Zwar kämen nur halb so viele Gäste wie im Sommer, berichtet Hotelchef Roland Frankfurth. „Aber immerhin.“ An Feiertagen wie Silvester ist er dagegen sehr gut gebucht – Angebote wie die Neujahrskonzerte in der Klosterkirche und die Schaudestille Kloster Zinna locken die Gäste, meint er. Im Sommer dagegen kämen die Touristen vor allem wegen der nahe gelegenen Flaeming-Skate-Anlage.
Die Freizeitsportanlage südlich von Berlin ist unter den aktuellen Witterungsbedingungen indes zum Skigebiet geworden: Wo sonst Radler und Skater unterwegs sind, gibt es ab sofort gespurte Loipen auf einer Länge von rund 20 Kilometern, teilte die TMB mit. Langläufer können demnach von der Skate-Arena Jüterbog bis zur B 101und von dort in Richtung Werder, Markendorf, Fröhden und Schlenzer bis nach Wahlsdorf die Stöcke schwingen. Auch zwischen Fröhdow und Bochow sowie zwischen Werder und Kolzenburg ist das Skifahren auf Loipen möglich.
Auch die „Nordic-Walking-Parks Dahme-Seen“ zwischen Königs Wusterhausen und dem Unteren Spreewald haben sich auf Langläufer eingestellt. Nach Auskunft der Tourist Information gibt es in Königs Wusterhausen, Motzen, Märkisch-Buchholz, Heidesee, Groß Köris und Bestensee insgesamt 20 verschiedene Routen. Ideale Langlaufbedingungen meldet auch die Region rund um Bad Freienwalde. Weniger geübte Skifahrer können den 4,5 Kilometer langen Moorbadwanderweg laufen. Der Sieben-Hügel-Weg ist eine anspruchsvollere Strecke. Parkplätze zu den ausgeschilderten Schneewegen gibt es an der Köhlerei in der Sonnenburger Straße oder am Moorbad in Bad Freienwalde.
Und selbst für Abfahrtfans gibt es in Brandenburg Strecken. Zum Beispiel in den Diehloer Bergen bei Eisenhüttenstadt, wo ein Wintersportzentrum mit Sprungschanze, Skiwiese und Schneekanone zum Besuch einlädt. Die Anlage verfügt über Flutlicht, so dass sich die Skiläufer bis in den Abend hinein den 200 Meter langen Skihang „hinunterstürzen“ können, bei dem sie immerhin 30 Höhenmeter überwinden (Telefon 03364 / 41 46 11). Skilift Nummer zwei gibt es auf dem Eichberg in Gröden (Elbe-Elster). Er wird vorwiegend für die Mitglieder des dortigen Skivereins und nur am Wochenende zwischen 10 und 17 Uhr genutzt, kann nach Auskunft der TMB aber auch von anderen Gästen befahren werden.
Man muss allerdings zuerst hinkommen. Denn auch wenn die aktuelle Witterung ein Segen für Wintersportler ist, klagen Hotelchefs bereits über frostbedingte Stornierungen: Zum Beispiel Thomas Lenz vom Hotel Haus Chorin im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Weihnachten seien fast 30 Prozent der gebuchten Zimmer wegen des anreiseunfreundlichen Wetters abgesagt worden, darunter auch Gruppenbuchungen von 50 Leuten, erklärt er. „Das ist ehrlich gesagt katastrophal.“
Dabei ist das 110-Betten-Haus sonst auch im Winter beliebt, vor allem wegen der Landschaft, wie Lenz glaubt: „Hier in der Natur zu sein, das ist einfach fantastisch“, sagt der Hotelchef. Unter seinen Wintergästen seien immer mehr „Wiederholungstäter“, die das Haus aus den Sommermonaten kennen.
Wer die Nase voll hat vom Frost, der kann in Brandenburg auch bei 26 Grad im Schatten ins neue Jahr feiern. Die Halle mit „Europas größten Indoor-Regenwald“ sei unabhängig von der Jahreszeit. Für die Silvesterparty in der Tropenhalle „Tropical Island“ in Brand (Dahme-Spreewald) gebe es noch Restkarten, die Übernachtungsmöglichkeiten aber seien bereits ausgebucht, sagte Unternehmenssprecher Patrick Kastner.