Berlin-Tour der CDU-Fraktion: Boris Palmer in Berlin: Viel Wirbel um nichts
Weil ihr Treffen einer medialen Inszenierung glich, blieben Boris Palmer und Burkard Dregger die wahren Probleme der Stadt verborgen.
Auf dem Kaiserdamm platzt es aus ihm raus. „Hier fahren Sie nur entlang, um mir zu zeigen, wie man eine Stadt mit Autos zuparken kann“, sagt Boris Palmer zu Burkard Dregger. Die beiden sitzen in der ersten Reihe eines eigens für die von der CDU-Fraktion organisierten „Berlin-Tour“ angemieteten Reisebusses, um alle Medienvertreter transportieren zu können.
rei Spuren pro Richtung, an den Rändern sowie zwischen den Fahrbahnen Parkstreifen und das alles inmitten einer vier- bis fünfgeschossigen Wohnbebauung, der Grüne Palmer hat seinen Berlin-Albtraum gefunden. „Ich kann überhaupt nicht begreifen, wie man eine Stadt so zubauen kann“, sagt er und schießt zur Sicherheit ein Foto - in Tübingen, wo Palmer Oberbürgermeister ist, könnte ihm das sonst niemand glauben.
Im Unterschied vereint
Es ist nur eine kurze Szene der schwarz-grünen Tour vom Messegelände über die Leipziger Straße bis hin zum Görlitzer Park, doch sie zeigt: Die beiden Politiker trennt mehr, als sie eint. Hier Palmer, der den Kaiserdamm eine den Menschen „terrorisierende Verkehrsachse“ nennt und ein „fundamentales Umdenken“ in der Stadt fordert, Parkstreifen zugunsten von Fahrradwegen abschaffen und dazu noch die „Durchflusskapazitäten“ halbieren will. Dort Dregger, dessen Partei seit Monaten gegen Stickoxid-Messungen wettert und Tempo 30-Zonen sowie Diesel-Fahrverbote rückgängig machen will.
Überhaupt lässt die nach einer umstrittenen Berlin-Äußerung Palmers initiierte Tour Zweifel daran aufkommen, dass es den beiden tatsächlich um eine Verbesserung der kritisierten Zustände geht. In Polizeibegleitung und umringt von Pressevertretern spazieren die beiden in den Görlitzer Park - laut Dregger „einer der größten Drogenumschlagplätze Deutschlands“ - und sehen dort nichts. Keine Dealer, dafür Mitarbeiter der Stadtreinigung, Hundehalter und Kita-Gruppen auf einem umzäunten Spielplatz.
Auf eine No-Go-Area für die Anwohner, wie Dregger den Park nennt, deutet an diesem Mittwochvormittag aber auch gar nichts hin. „Das trifft 100 prozentig nicht zu, ich wohne gleich um die Ecke und fühle mich hier sicher“, sagt Cornelius Giacalone, der seinen Kinderwagen um den Tross herum manövriert. Ein von der CDU bereit gestellter Anwohner berichtet das Gegenteil und wird dafür wiederum von anderen Anwohnern angegangen - typisch Kreuzberg eben. Im Hintergrund kreischen spielende Kinder und in der Mitte des Parks räumt auch Palmer ein: „Echte Probleme konnte ich nicht erkennen.“
Angst vor Berlin
Schwierigkeiten damit, wie Dregger und Palmer ihre gemeinsame Tour inszenierten, hatten dagegen einige. Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek, die Palmer zuletzt „einen Irren“ genannt hatte, legte nach: „Dass die CDU keine Großstadtpolitik kann, ist ja bekannt - aber dass sie die Hilfe von Kommunalpolitikern braucht, um ihre Oppositionsarbeit zu machen, sagt mehr über den Zustand der Berliner CDU, als über den der Hauptstadt.“ SPD-Innenexperte Tom Schreiber nannte die Tour einen „Kindergarten!“, der Berliner FDP-Chef Christoph Meyer twitterte: „Da unterhalten sich zwei, die Angst vor Berlin haben.“
Palmer und Dregger werteten ihren Trip als Erfolg. „Ich habe Spaß daran gehabt“, sagte Dregger und kündigte an, den Kontakt zu Palmer halten zu wollen. Mit Kritikern der Stadt müsse man sprechen statt sie zu verstoßen. Palmer gab an, sich nicht für „parteitaktische Spielchen“ zu interessieren. In den Görlitzer Park wolle er wiederkommen, sagte Palmer noch, dann aber allein und ohne Begleitung.
Zwölf Newsletter, zwölf Bezirke: Unsere Leute-Newsletter aus allen Berliner Bezirken können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de