Berliner Senat vor der Sommerpause: "Bitte um Fristverlängerung": Rot-Rot-Grün zeigt frühen Fatalismus
Berlins rot-rot-grüner Senat war angetreten mit dem Versprechen, besser zu regieren. Die lange Liste von Nichterledigungen offenbart genau das Gegenteil.
Der rot-rot-grüne Berliner Senat feiert sich am Dienstagabend beim Hoffest des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) erst selbst und verrammelt dann die Rathaustüren - um sich im Urlaub von den Nichterledigungsstrapazen zu erholen. Denn kurz vor der Sommerpause ist die Aufzählung der Projekte mit "Bitte um Fristverlängerung" mal wieder lang.
Fristverlängerungen sind ja eigentlich nichts Ungewöhnliches für Ausschüsse: Hier hat das Abgeordnetenhaus den Termin für einen Bericht zu eng gesetzt, dort fehlt einer Verwaltung noch eine Information – geschenkt. Aber dieser Senat war angetreten mit dem Versprechen, anders, ja besser zu regieren. Die lange Liste der Nichterledigungen von angeforderten Berichten und Zwischenberichten zeigt das Gegenteil und offenbart eine Missachtung des Parlaments – hier ist sie:
- Flughafenareal in Tempelhof -Planung und Entwicklung: Gemäß Auflage zum Haushalt, Bitte um Fristverlängerung bis Ende September 2018
- Umsetzungsstand des IT-Verfahrens für Bußgelder und Ordnungswidrigkeiten: Auftrag vom 15.11.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zur ersten Sitzung nach der Sommerpause
- Campus Moabit: Auftrag vom 13.10.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 30.11.2018
- Justizausbildungszentrum: Auftrag aus der 17. Sitzung vom 13.10.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 30.11.2018
- Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs: Auftrag vom 22.11.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 05.09.2018
- Raumbedarfe im Zuge des Personalaufbaus in den Bezirksämtern: Auftrag vom 14.02.2018, Bitte um Fristverlängerung bis zum 05.09.2018
- Mischnutzungen von Räumen durch soziokulturelle, künstlerische und kommerzielle Projekte: Auftrag vom 18.10.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 31.12.2018
- Hochbaumaßnahmen der Freien Universität und der Humboldt-Universität: Auftrag vom 22.11.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 05.09.2018
- Abbau des Sanierungsstaus - Bauliche Maßnahmen, Sanierung und Renovierung (Justiz): Auftrag vom 13.10.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 30.11.2018
- Clearingstelle für die gesundheitliche Versorgung von nicht krankenversicherten Menschen ohne Regelversorgung / Anonymer Krankenschein - Konzept der Clearingstelle: Gemäß Auflage zum Haushalt, Bitte um Fristverlängerung bis zum 31.12.2018
- Stand der Umsetzung der Zielvereinbarung über das Fachcontrolling bei Hilfen zur Erziehung: Gemäß Auflage zum Haushalt, Bitte um Fristverlängerung bis zum 31.08.2018
- Organisations- und Prozesscontrolling zum Schulbauprogramm: Gemäß Auflage zum Haushalt, Bitte um Fristverlängerung bis Ende August 2018
- Stroke-Einsatz-Mobile: Auftrag vom 13.10.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 31.08.2018
- Zukunft der Kunstsammlung der ehemaligen Sozialen Künstlerförderung: Auftrag vom 17.11.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 31.10.2018
- Beuth Hochschule für Technik Berlin mit Blick auf Tegel - Standorterweiterung und Planungen für den Umzug: Aufträge vom 10.11.2017, Bitte um Fristverlängerung bis Dezember 2018
- Europaberatung und Mittelabruf bei den EU-Förderinstrumenten: Auftrag vom 20.10.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 30.11.2018
- Projekt „Wirtschaftliches Engagement von Personen nichtdeutscher Herkunft“: Auftrag vom 18.10.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 31.08.2018
- Förderung des Sports - Verwendung der zusätzlichen Mittel zur sozialverträglichen Preisgestaltung der Internatsplätze: Auftrag vom 10.11.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 31.08.2018
- Digitalagentur Berlin: Auftrag vom 24.11.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 30.09.2018
- Stand der Gespräche mit den Kirchen über den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung: Auftrag vom 11.11.2015, Bitte um Fristverlängerung bis zum 31.08.2018
- Fortschrittsbericht zur Evaluation der Einrichtungen und Arbeitsprozesse der „Kulturwerk des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlins GmbH“: Auftrag vom 29.03.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 28.09.2018
- Einsparpotentiale bei einer weitgehenden Konzentration des Dienstreisemanagements - Einrichtung einer Shared Service Dienstreisebearbeitung und Projektarbeitsgruppe: Auftrag vom 28.04.2017, Bitte um Fristverlängerung bis zum 30.09.2018
- Errichtungszeitraum der jetzigen Tranche des Schulneubaus: Auftrag vom 17.01.2018, Bitte um Fristverlängerung bis zum 05.09.2018
… und ab in die Sommerpause. Diese Momentaufnahme der Nichterledigung ist auch ein Ausdruck von frühem Fatalismus im rot-rot-grünen Senat, generelle Haltung: So ist das eben mit der Verwaltung in Berlin. Kannste nix machen, is‘ fertig, wenn fertig.
In diesem Geist verlief auch die Senatsklausur im Grunewald: Die Grünen nahmen die Farbe ihrer Umgebung an und fielen nicht weiter auf (ein Wortbeitrag von Justizsenator Behrendt während der neun Stunden ist nicht überliefert); die Sozialdemokraten kauten knirschend auf ihrem Ärger herum, weil sich Bausenatorin Lompscher immer weiter von den Koalitionszielen entfernt; und Kultursenator Lederer giftete gegen die Reformvorschläge der Alt-Kommission – man möge doch bitte gefälligst die begrenzten Ressourcen der Verwaltung und auch die seiner selbst beachten, denn: „Ich muss auf meine Gesundheit achten.“
Na dann, alles Gute.