Bekenntnis zum Paternoster: Bitte noch ’ne Runde
Der Paternoster ist ein aussterbendes Transportmittel. Aber eines, an dem Daseinfragen deutlich werden. Eine Glosse
Ich bekenne mich zum Paternoster. Ob im Rathaus Schöneberg, im Haus des Rundfunks oder im Bundesfinanzministerium: Sobald ich einen Umlaufaufzug sehe, steige ich ein. Denn im Paternoster lässt sich die von Nietzsche gepriesene ewige Wiederkunft des Gleichen ganz konkret und auch für Philosophieanfänger verständlich erfahren.
Wichtig ist das beherzte Einsteigen. Sofort fallen Hektik, Frust, Ärger, Neid und Missgunst von einem ab, stattdessen gewinnen Gleichmut, Daseinsfreude und stille Kontemplation die Oberhand. Man durchmisst die Höhen und Tiefen des Daseins, gleitet von Stockwerk zu Stockwerk, hört Gesprächsfetzen, klappernde High Heels, Gelächter von Kollegen oder das Ächzen eines Aktenwagens. Beruhigend: Wer hoch hinaus will, kommt auch wieder runter, und wer unten angekommen ist, darf sich freuen, denn dann geht es wieder aufwärts. Spätestens in der zweiten Liga, liebe Hertha!
Unbeschwert gleitet man hinauf und hinunter, stets im vertikalen Umlauf, wie es der geniale Schöpfer einst erdacht und ins Werk gesetzt hat. Bevor es durch den Keller oder den Dachboden geht und die Laufrichtung wechselt, verkündet ein Schild: Die Weiterfahrt ist ungefährlich! Leider sind die Paternoster in Berlin vom Aussterben bedroht. Nur noch wenige Vertreter ihrer Art sind in Umlauf. Deshalb, Berliner: Fahren Sie Paternoster, solange er sich noch dreht!
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