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Sie wär’ dann soweit. Birgit Monteiro, 45, aufgewachsen in Strausberg.
© Doris Spiekermann-Klaas

Lichtenbergs designierte Bürgermeisterin im Porträt: Birgit Monteiro will nicht wie Heide Simonis enden

Die designierte Bürgermeisterin von Lichtenberg, Birgit Monteiro, gilt als fleißig und hartnäckig. Ihre Ziele verfolgt sie mit einer Politik der kleinen Schritte. Am Donnerstag soll sie Nachfolgerin von Andreas Geisel werden.

Es wäre das dritte Wunder für Birgit Monteiro. Am Donnerstag soll sie zur Bürgermeisterin von Lichtenberg gewählt werden. Mit einer Stimme Mehrheit. Da kommt einer SPD-Politikerin automatisch die Simonis-Tragödie aus Schleswig-Holstein in den Sinn. Doch Monteiro hat die Erfahrung gemacht, dass Wunder wahr werden, und dieses wäre ein vergleichsweise kleines.

Groß, schlank, kurze Haare, Jeansjacke, Jeanshose. Birgit Monteiro verzichtet gerne auf den femininen Businesslook der politischen Bühnen. Ihr Büro als Geschäftsführerin eines Verbandes von Stadtteilzentren ist mit Grußkarten, Aufmerksamkeiten, Flyern und Fotos drapiert, daneben Regalmeter voller Aktenordner. Die Einrichtung bunt statt stilvoll.

Dass sie in große Fußstapfen tritt, die vom neuen Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, weiß die 45-Jährige selbst. Ihr politisches Gewicht muss erst noch wachsen. Für die nächsten Jahre hat sie sich ein Programm der kleinen Schritte überlegt. Projekte, um die Arbeitslosigkeit einzudämmen, die Quote lag zuletzt bei 9,6 Prozent. Sie möchte Unternehmen motivieren, es mal mit Langzeitarbeitslosen zu versuchen.

An den 17 Brennpunktschulen im Bezirk will sie noch stärker die Eltern erreichen und bei der Vermittlung in Jobs und Beschäftigungsmaßnahmen unterstützen. „Tandemlösungen“ schweben ihr vor: Jemand, der bald in Rente geht, führt seinen Nachfolger behutsam an den Job heran, möglichst einen, der es bisher nicht in den Arbeitsmarkt geschafft hat.

Wie es genau funktionieren soll, weiß Monteiro noch nicht, aber sie ist sich ziemlich sicher, dass es funktionieren wird. Wie ihr Wunder Nummer eins: das Nachbarschaftshaus Orangerie an der Frankfurter Allee. Ein Neubau für mehr als zwei Millionen Euro, bezahlt aus EU-Töpfen, gebaut mit viel Eigenleistung der Nutzer. Inzwischen biete das Haus fünf feste Arbeitsplätze, erzählt Monteiro. „Anfangs haben wir uns im Keller einer Schule getroffen.“ Die SPD-Politikerin leitete dort den Verein Kiezspinne und fand, dass man ein eigenes Haus brauche, um mehr Menschen zu erreichen.

Auf Kuba reifte der Entschluss: Raus aus der PDS

„Ich bin pragmatisch, hartnäckig, eine Macherin“, sagt sie von sich. Der CDU-Fraktionschef in der BVV Lichtenberg, Gregor Hoffmann, attestiert ihr politische Erfahrung und viel Fleiß.

Das zweite Wunder: Ihr Direktmandat 2011 im Lichtenberger Wahlkreis 4. In der Landespolitik hat sie sich seitdem noch keinen Namen gemacht. Das Deklamieren und Repräsentieren liege ihr nicht, sagen Kommentatoren. Sie mache einfach ihre Arbeit. Eine Kümmerin.

In Strausberg aufgewachsen, hat sie nach dem Abitur Landmaschinenschlosserin gelernt, als es noch eine DDR gab. Mit 18 trat sie in die SED ein. „Ich war 100-prozentig von der Überlegenheit des Sozialismus überzeugt.“ Die Wende erlebte sie als Enttäuschung, 1991 verließ sie die zur PDS umbenannte SED.

Gereift war dieser Entschluss ausgerechnet auf Kuba. Sie arbeitete einige Monate lang auf einer Reisplantage und konnte den Personenkult um Castro und seine allein selig machende Revolution bald nicht mehr ertragen. „Da habe ich den kritischen Blick gelernt.“ Auf Politiker und ihre Worte, die oft wenig mit der Realität zu tun hatten.

Nach einem Geschichtsstudium und ausgiebiger Lektüre linker Theoretiker trat sie in die SPD ein. Mit den Grünen hatte sie auch mal geliebäugelt, aber bei einem Realitätscheck ihres Lebensstils fielen sie leider durch. „Ich fahre gerne Auto.“

"Ich wollte nie einen sicheren Job bis zur Rente"

Nach einem Zusatzstudium „Deutsch für Ausländer“ notierte sie sich eine Mutmacherformel: 100 Bewerbungen bis zur Selbstständigkeit. „Ich wollte nie einen sicheren Job bis zur Rente.“ Bewerbung Nummer acht brachte sie auf eine Schule nach Ungarn. Zurück in Berlin unterrichtete sie 50-jährige arbeitslose Türken, die nach 30 Jahren bei Siemens Deutsch lernen mussten.

Ihre zwei Kinder, schon erwachsen, würden sich über den Karrieresprung der Mutter freuen. Sie hätten ja mitbekommen, wie sie sich jahrelang für Job und Mandat abgerackert habe. „Das verstehen sie auch als Anerkennung.“

Jetzt, als Bürgermeisterin von 260 000 Lichtenbergern, könne sie sich endlich voll auf eine einzige Aufgabe konzentrieren. Darauf freut sie sich.

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