SPD-Fraktion mit neuer Wohnungspolitik: Billige Mieten statt sanierte Finanzen
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat am Dienstagabend einen Verkaufsstopp für landeseigene Grundstücke beschlossen - in Abkehr vom Sanierungskurs des Finanzsenators Ulrich Nußbaum.
Der Verkaufsstopp gilt auch für Tochterfirmen des Landes. Die Fraktion nahm das unter Federführung von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) erarbeitete „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ an. Vom Verkaufsstopp betroffen ist dem Vernehmen nach auch das so genannte Holzmarkt- Grundstück der BSR am Ostbahnhof im Gebiet der Media-Spree, dessen Verkauf zum Höchstpreis eigentlich in Kürze besiegelt werden sollte.
Statt landeseigene Grundstücke zu verkaufen, sollen diese künftig per Erbpacht vergeben werden. Zudem sollen die Beteiligungsgesellschaften des Landes zur Förderung des Gemeinwohls verpflichtet werden. Schließlich soll der Senat innerhalb von drei Monaten eine Gesetzesvorlage erarbeiten, wonach landeseigene Firmen Grundstücke nur noch mit Zustimmung des Abgeordnetenhauses verkaufen können. Nußbaums Konzept sah vorrangig die Konsolidierung des Landeshaushaltes durch den Verkauf landeseigener Grundstücke vor.
„Das ist ein Paradigmenwechsel zum Schutz der Mieterschaft“, sagte die stellvertretende Fraktionschefin Ülker Radziwill. Die Sozialpolitikerin der SPD gehört dem linken Parteiflügel an und hatte das Mietenbündnis mitgestaltet. Dieses sieht unter anderem eine Sozialklausel bei der Vermietung landeseigener Wohnungen vor, wonach Mieter maximal 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete bezahlen sollen. Außerdem soll innerhalb des S-Bahn-Ringes jede zweite neu vermietete Wohnung an Haushalte mit geringen Einkommen gehen, die einen Wohnberechtigungsschein vorweisen können, außerhalb des S-Bahn-Ringes jede dritte Wohnung. Zudem soll ein Wohnungspool gebildet werden, der Mietern einer großen Wohnung einen Tausch gegen eine kleinere zum gleichen Quadratmeterpreis ermöglicht.
Bei der Modernisierung von Wohnungen sollen künftig nur neun statt elf Prozent der Kosten auf die Miete umgelegt werden. Zudem dürfen die Mieten nur noch um 15 Prozent innerhalb von vier Jahren erhöht werden, statt wie bisher um 20 Prozent alle drei Jahre. Alle Regelungen gelten nur für die rund 276 000 landeseigenen Wohnungen, deren Bestand aber vergrößert werden soll. Seit Beginn der Legislaturperiode wurden bereits 9000 Wohnungen hinzugekauft. Das Mietenbündnis soll die landeseigenen Firmen dem Vernehmen nach 20 Millionen Euro im Jahr kosten, etwa ein Viertel ihres erwarteten Gewinns.
Nußbaum war auf der Fraktionssitzung anwesend, aber nicht stimmberechtigt. Er soll per Brief seine Zustimmung zum Mietenbündnis signalisiert haben. Zuvor hatte er bereits zehn weitere Grundstücke für den Wohnungsbau freigegeben. Diese liegen in Spandau, Lichtenberg, Pankow, Treptow-Köpenick, Steglitz-Zehlendorf, Marzahn-Hellersdorf, Neukölln und Mitte.