Landesbibliothek: Bildungsquartier auf dem Tempelhofer Feld geplant
Sie ist das Lieblingsprojekt von Klaus Wowereit: die neue Landesbibliothek. Die Pläne für den 250-Millionen-Bau werden konkreter. Unter anderem soll ein Bildungsquartier aus Hoch- und Sprachschulen entstehen.
Es geht zügig voran mit der geplanten Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld: Bis zum Sommer will die Stadtentwicklungsverwaltung europaweite Wettbewerbe für die Architektur des Gebäudes, deren städtebauliche Umgebung und den Bebauungsplan vorbereiten. Fachlich begleitet vom Kölner Planungsbüro Astoc, das schon am Masterplan für die Europacity an der Heidestraße maßgeblich mitgewirkt hat.
Am Kreuzungspunkt der S- und U-Bahnstationen Tempelhof soll die Landesbibliothek zum Mittelpunkt eines neuen „Bildungsquartiers“ werden. Auf einem zwei Hektar großen Baufeld, drei Standortvarianten am südwestlichen Rand des riesigen Parkgeländes stehen noch zur Auswahl. Dort sollen sich „Hochschulen, Sprachschulen, Weiterbildungsinstitute usw. ansiedeln“, sagte Gerhard Steindorf, Chef der Tempelhofer Projekt GmbH, am Dienstag bei einer Diskussionsveranstaltung im alten Flughafengebäude. Mit einer privaten Universität in Wien und einer Privatschule werde bereits verhandelt.
Manfred Kühne, Abteilungsleiter in der Stadtentwicklungsbehörde, sprach vom „ambitioniertesten Vorhaben dieser Wahlperiode“. Bis zum Herbst soll ein städtebaulicher Rahmenplan für das gesamte Areal des ehemaligen City-Airports vorliegen, aber die Landesbibliothek habe eindeutig Vorrang. Kühne versprach eine „intensive Bürgerbeteiligung“, am 13. Juni soll eine erste, große Veranstaltung stattfinden. Noch gibt es viel Kritik an dem Großprojekt, das wurde auch bei der sehr gut besuchten Präsentation im ehemaligen Flughafenrestaurant deutlich.
Strittige Themen waren: der Standort, die Kosten und die Frage, ob der neue Medienpalast die bezirklichen Bibliotheken an die Seite drängt. Aber auch die NS-Vergangenheit des Tempelhofer Feldes wurde angesprochen. Demokratische Kultur und das erste Konzentrationslager in Deutschland – verträgt sich das? Volker Heller aus der Kulturverwaltung des Senats kündigte an, dass am Columbiadamm ein Gedenk- und Informationsort entstehen werde, in Zusammenarbeit mit Verbänden und der Stiftung „Topographie des Terrors“.
Der Standort für die Bibliothek wurde von den Vertretern des Senats, aber auch von der Generaldirektorin der Zentral- und Landesbibliothek, Claudia Lux, verteidigt. „Zuerst habe ich vom Schlossplatz in Mitte geträumt – der Bund wollte es anders“, sagte Lux. Tempelhof sei aber eine sehr gute Wahl. Auch das Alliierten-Museum, das in das alte Flughafengebäude einziehen soll, freue sich schon auf den attraktiven Nachbarn mit drei Millionen Besuchern jährlich.
Es habe auch Überlegungen gegeben, den Palast der Republik zu nutzen, berichtete Heller. Aber der wurde abgerissen. Und das ehemalige, über einen Kilometer lange Flughafengebäude sei für eine Bibliothek völlig ungeeignet und „wirtschaftlich ruinös“, sagte der Bauexperte Kühne. Die Gäste auf dem Podium bemühten sich, die Bedenken zu zerstreuen, dass der Neubau zulasten der städtischen Bibliotheken gehe. „Im Gegenteil: Wir werden einen Entwicklungsschub für die gesamte Bibliothekslandschaft erleben“, sagte Lux.
Im dänischen Aarhus wird übrigens 2014 eine neue, prachtvolle Zentralbibliothek auf einem früheren Industriegelände eröffnet. Deren Chef Knud Schulz berichtete, in der Stadt sei 23 Jahre lang über das Vorhaben diskutiert worden. Manche hätten lieber ein Schwimmbad gebaut.
Ulrich Zawatka-Gerlach