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Xavier Naidoo darf weiter in Berlin auftreten.
© Uwe Anspach/dpa

Roter Teppich für Reichsbürger in Spandau?: Xavier Naidoo darf weiter in der Zitadelle Berlin auftreten

Auftritte der Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ wird es nicht mehr geben. Doch der Bezirk sieht keine Möglichkeit, ein Konzert von Xavier Naidoo zu verbieten.

Der Sänger Xavier Naidoo lobte im April einen Reichsbürger und ehemaligen NPD-Kader als "wahren Helden". Seinen Juryplatz bei "Deutschland sucht den Superstar" hat er verloren. In der Zitadelle in Spandau wird er aber weiterhin auftreten. In der dortigen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) führt dies immer wieder zu Diskussionen. Besonders, da im letzten Jahr ein Auftrittsverbot für die Punkband Feine Sahne Fischfilet ausgesprochen wurde. 

Allerdings erst nach dem Konzert und nicht für die Band, sondern für deren Konzertveranstalter Festsaal Kreuzberg, da es angeblich zu Beschädigungen durch Aufkleber und Flaschen in der Zitadelle gekommen war. Ein Veranstaltungsverbot für den Festsaal kommt einem Verbot der Band gleich, da diese immer wieder betont hat, nur mit dem Festsaal als Veranstalter dort aufzutreten. 

"Ein fragwürdiger Musiker"

Am Mittwoch zur BVV Spandau wurde Kulturstadtrat Gerhard Hanke (CDU) von der SPD zur Rede gestellt: "Rollt Spandau Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern den roten Teppich aus?" Hanke stellte klar, dass er persönlich "diesem fragwürdigen Musiker" keine Räume vermieten würde. Allerdings werden die Konzerte auf der Zitadelle von "Trinity Music" eigenverantwortlich ausgewählt, als Stadtrat habe er hier keine Möglichkeit, diese zu untersagen, er werde auch nicht gefragt, welche Musikerinnen und Musiker auftreten sollen. Er würde allerdings auch nicht eingreifen: "Wir wollen hier keine Zensur in Spandau."

Unklar, ob im nächsten Jahr überhaupt Konzerte stattfinden können

Er habe mit Trinity Musik darüber gesprochen - und derzeit sei zunächst unklar, ob im nächsten Jahr überhaupt Konzerte auf der Zitadelle veranstalten werden können. Aufgrund der Coronapandemie sei die Planungssicherheit nicht gegeben. Würde das Bezirksamt den Auftritt von Naidoo verbieten, könnte der Konzertveranstalter Schadensersatzklagen stellen - bis zu eine Millionen Euro, schätzt Hanke. Eine andere Frage sei, ob strafrechtlich gegen Naidoo vorgegangen werde. Dies müssten jedoch die Ordnungsbehörden entscheiden. Sollten Kunstschaffende gegen das Gesetz verstoßen haben, könnten Ämter unter Umständen einen Auftritt untersagen. 

SPD: Zitadelle soll "antifaschistischer Ort" sein

Die SPD fordert von Hanke, vertragsrechtlich festzulegen, wer auf der Zitadelle auftreten darf, Reichsbürger und andere Menschenfeinde sollten dort nicht willkommen und die Zitadelle ein "antifaschistischer Ort" sein. Dazu Stadtrat Hanke: "Sie wissen nicht, ob ein Künstler, der heute ok ist, kurz vor dem Auftritt auf einmal einen Knall hat. Und ich mache keine Zensur, das hat der Bürger zu entscheiden, ob er dahin geht. Wir wollen auch nicht mit dem Betreiber selektieren, wen er aussuchen darf und wen nicht." 

Auch Reichsbürger bringen dem Bezirk Einnahmen

Sollte sich ein Künstler auf der Bühne nicht ordentlich verhalten, würde das Bezirksamt, wie im Falle von Feine Sahne Fischfilet, über ein Auftrittsverbot nachdenken. Und Hanke möchte den Betreiber auch nicht binden, welche Kunstschaffenden auftreten sollen - denn dann könnte dieser vielleicht den Vertrag mit dem Bezirksamt kündigen. 

Und die Konzerte, veranstaltet durch Trinity Music, seien immer gut besucht, die Zuschauerinnen und Zuschauer würden Einnahmen bringen - auch im Anschluss in die Geschäfte in der Altstadt. Darauf könne und wolle der Bezirk nicht verzichten, so Hanke weiter. 

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Allerdings, sagte der Stadtrat, habe der Kommerz auch Grenzen: Er habe mal eine Butterfahrt zur Zitadelle untersagt, denn diese sei für den historischen Ort nicht angemessen gewesen. Und einmal, erinnert sich Hanke, sei dem Rapper Sido untersagt worden, Lieder zu präsentieren, die auf dem Index stehen. Dem Veranstalter sei zuvor gesagt worden, dann gebe es eine Geldstrafe - und die Lieder erklangen nicht auf der Zitadelle. Ansonsten habe er als Stadtrat keinerlei Eingriffsmöglichkeiten. Er könne ja auch nicht zum Beispiel den "Komiker" Mario Barth von der Bühne zerren, sollte sich dieser frauenfeindlich äußern. 

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