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Auf Bewährung. Bis 2020 soll der Forschungsreaktor dauerhaft abgeschaltet werden, im Moment wird er repariert.
© Lutz Hannemann

Forschungsreaktor BER II in Wannsee: Wannsee-Reaktor abgeschaltet - Öffentlichkeit wurde nicht informiert

Aus Sicherheitsgründen wurde der Wannsee-Reaktor im vergangenen Herbst abgeschaltet – die Öffentlichkeit erfuhr das verspätet. Atomkritiker befürchten große Gefahren, Betreiber und Senat weisen das zurück.

Vertreter von Anti-Atomkraft-Gruppen und der Grünen werfen der Atomaufsicht des Landes Berlin vor, ein Sicherheitsproblem im Forschungsreaktor BER II am südwestlichen Stadtrand verschwiegen zu haben. Die Aufsicht in der Behörde von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) habe „mal wieder völlig versagt“, kritisiert das „Anti-Atombündnis Berlin und Potsdam“ in einer Presseerklärung. Anja Schillhaneck, wissenschaftspolitische Sprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen und Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, spricht ebenfalls von einem „Versäumnis der Aufsichtsbehörde“.

Anlass ist ein am Montag bekannt gewordener Vorgang in Berlins einzigem Atomreaktor, den die Tageszeitung „taz“ öffentlich gemacht hat. Demnach musste der Reaktorbetrieb im November 2013 kurzfristig gestoppt werden, weil ein Riss in einem Bauteil des Kühlsystems schneller als erwartet angewachsen war. Das Helmholtz-Zentrum, das den von Land und Bund finanzierten Reaktor betreibt, habe aber nur die Vorbereitung neuer Experimente als Grund für die Betriebsunterbrechung genannt.

Der technische Vorgang wird von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und dem Helmholtz-Zentrum weitgehend bestätigt, den Vorwurf der mangelnden Information der Öffentlichkeit weisen aber beide zurück.

Nach Darstellung von Ina Helms, Sprecherin des Helmholtz-Zentrums Berlin, war der Riss in einer Schweißnaht, die ein Rohr des Kühlsystems im Forschungsreaktor zu einer benachbarten Wand hin abdichtet, seit 2010 bekannt. Das sagt auch Daniela Augenstein, Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Müller. Man habe den Riss während des Betriebes ständig untersucht, sagt Helms. „Als sich die Rissgeschwindigkeit im November 2013 beschleunigte, wurde der Reaktor heruntergefahren.“ Man habe sich mit den Sachverständigen zusammengesetzt und beschlossen: „Wir machen die allemal vorgesehene Reparatur jetzt, zusammen mit den Arbeiten, die für die Vorbereitung neuer Experimente nötig sind.“ Diese Arbeiten seien voraussichtlich bis Ende 2014 zu schaffen.

Gefragt, wieso das Abschalten aus Sicherheitsgründen nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt wurde, sondern stattdessen nur die Vorbereitung neuer Experimente als Grund für das Herunterfahren angegeben, sagt sie: „ Die Sicherheit war zu keinem Zeitpunkt gefährdet.“ Die Arbeiten sollten ja auf jeden Fall gemacht werden, „es war nur eine Frage des richtigen Zeitpunkts“. Die Nutzer der Anlage habe man über die Unterbrechung des Reaktorbetriebs direkt informiert. Eine allgemeine Information per Pressemitteilung sei dann im Mai veröffentlicht worden – sechs Monate nach dem Vorgang und zufälligerweise just zu dem Zeitpunkt, als die „taz“ für ihre Recherchen Akteneinsicht bei der Berliner Atomaufsicht beantragt hatte.

Hier setzt die Kritik von Grünen-Politikerin Schillhaneck an: Sie fordert von der Aufsichtsbehörde künftig „eine pro-aktivere Informationspolitik“.

Das „Anti-Atombündnis Berlin und Potsdam“ behauptet, dass bei einer Vergrößerung des Risses eine fatale Kettenreaktion möglich gewesen wäre, bei der das Kühlbecken leergelaufen wäre und „eine Kernschmelze bevorgestanden“ hätte. Dem widersprechen das Helmholtz-Zentrum und die Stadtentwicklungsverwaltung vehement. „Die Gefahr, dass Kühlwasser ausläuft, bestand zu keinem Zeitpunkt“, sagt Helmholtz-Sprecherin Helms. Und Müller-Sprecherin Augenstein sagt: „Es gab zu keinem Zeitpunkt ein Sicherheitsrisiko.“ Auch bei einem kompletten Riss der Schweißnaht hätte das Kühlsystem weiter funktioniert.

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