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Jeden Monat muss der Bezirk für die Gerhart-Hauptmann-Schule rund 100.000 Euro aufbringen
© picture alliance / dpa
Update

Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg: "Tag der offenen Tür" der Flüchtlinge fällt aus

Das Besuchsverbot scheint zu wirken. Nur wenige Unterstützer sind zur Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg gekommen. Dort wollten die dort wohnenden Flüchtlinge einen Tag der offenen Tür veranstalten.

Um 13 Uhr sollte der "Tag der offenen Tür" eigentlich beginnen. So hatten es Flüchtlingsgruppern im Internet verbreitet. Aber das vom Bezirksamt erlassene Verbot scheint Wirkung zu zeigen. Nur rund 20 Unterstützer haben sich an der Schule eingefunden. Die Stimmung ist ruhig; an der nahe gelegenen Feuerwache an der Wiener Straße stehen sechs Mannschaftswagen. Ab und an verlässt ein Bewohner das Schulgebäude, geht ein anderer hinein. Am Eingang häng die Verbotsverfügung. Das Einlassgitter ist wie stets mit einem Schloss gesichert.

Das Bezirksamt hat den Tag der offenen Tür verboten und den Wachschutz angewiesen, keine Besucher in die besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg hineinzulassen. Das Polizeipräsidium hatte angekündigt, dass Beamte bereitstünden, falls es zu Auseinandersetzungen vor der Schule kommt, die Lage werde ständig beobachtet. Bereits am Vormittag war es völlig ruhig an der Ecke Ohlauer und Reichenberger Straße.

Schwarz auf Weiß. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat den Tag der offenen Tür in der Gerhart-Hauptmann-Schule verboten.
Schwarz auf Weiß. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat den Tag der offenen Tür in der Gerhart-Hauptmann-Schule verboten.
© Jörn Hasselmann

Der Bezirk, der das Hausrecht für die Schule hat, hatte am Freitagmorgen die Aktion ganz offiziell untersagt. „Wir haben den Flüchtlingen schriftlich mitgeteilt, dass ein Tag der offenen Tür nicht möglich ist“, sagte Bezirksamtssprecher Sascha Langenbach dem Tagesspiegel: „Zum einen aus Gründen des Brandschutzes, zum anderen fehlen sanitäre Anlagen für Besucher. Und es gibt auch generelle Sicherheitsbedenken.“ Zugleich habe der Bezirk die bislang geltende Besuchsregelung, wonach jeder Bewohner drei Besucher empfangen kann, ab sofort aufgehoben, sagte Langenbach weiter. Um das Verbot des Tags der offenen Tür durchzusetzen, werde man den Sicherheitsdienst verstärken. Der Bezirk werde allerdings im Vorfeld kein Amtshilfeersuchen an die Polizei stellen. Sollten die Sicherheitsleute das Verbot nicht durchsetzen können, würden sie ohnehin die Polizei rufen müssen. „Das wäre ja nicht das erste Mal“, sagte Langenbach.

Nach dem jüngsten Gewaltvorfall an der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule hat Innensenator Frank Henkel (CDU) den Bezirk massiv kritisiert. Er selbst will aber keinen Polizeieinsatz veranlassen. „Der neue Gewaltvorfall muss für den Bezirk Anlass genug sein, entschlossen zu handeln und gegen die unerträgliche Situation vorzugehen“, sagte der Senator. „Sollte der Bezirk die Polizei um Vollzugshilfe ersuchen, wird diese dem selbstverständlich nachkommen.“ Am Mittwochmorgen war ein Polizist bei einem Einsatz an der Schule verletzt worden, der Verdacht auf einen Nasenbeinbruch bestätigte sich aber nicht.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) wirft ihrerseits nun Henkel vor, ihr die Verantwortung zuzuschieben: „Ich habe mir das Gesetz genau angeschaut und kann nur sagen: Er hätte schon längst räumen können. Er muss nicht warten, bis der Bezirk die Polizei zu Hilfe ruft.“ Sämtliche Bewohner des Oranienplatzes hätten die Residenzpflicht verletzt – mit entsprechendem politischen Willen hätte man sie alle sofort in andere Bundesländer zurückbringen können, sagte Herrmann. Sie selbst habe aber nicht vor, die Polizei zu rufen: „Wir lösen das auf unsere Weise.“ Und das heißt weiterhin: durch Gespräche.

In der Schule leben derzeit 45 Menschen, davon 30 Flüchtlinge. Die anderen 15 sind laut Bezirk entweder als asylberechtigt anerkannt oder besitzen EU- Pässe. Der Bezirk teilte den Flüchtlingen vor gut zwei Wochen mit, dass sie ausziehen sollen, setzte aber keine Frist. „Es wird in den kommenden Tagen Gespräche geben mit denen, die sprechen wollen“, sagte Bezirkssprecher Sascha Langenbach. Vor zehn Tagen sei das gesamte Bezirksamt, also alle Stadträte, zu Gesprächen erschienen, aber kein Flüchtling sei gekommen. Trotzdem ist Langenbach zuversichtlich: „Da kommt jetzt Bewegung hinein. Heute in einer Woche haben wir eine andere Gesprächsgrundlage.“

Herrmann setzt auf Einsicht

Schließlich seien jetzt andere „Player“ am Zug. Bisher war Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) zuständig, in Zukunft will Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) das Politische regeln, Finanz- und Kulturstadträtin Jana Borkamp die Entwicklung der Immobilie. In dem Haus soll die Diakonie ein Flüchtlingszentrum mit 120 bis 140 Plätzen einrichten. Doch damit die Arbeiten beginnen können, muss die Schule leer sein.

Herrmann setzt auf Einsicht. „Wir wissen jetzt: Es wird keine Ausnahmegenehmigung geben, die Menschen werden nicht legal in Berlin bleiben können.“ Das will sie den Bewohnern klarmachen. Sie bereue, dass sie dem Senat geglaubt habe. Die Situation hat den Bezirk in Finanznot gestürzt: Es fielen 1,5 Millionen Euro zusätzliche Kosten an, etwa für Wachschutz (593 000 Euro), Bewirtschaftung des Gebäudes (628 000 Euro), Unterbringung von Roma-Familien (65 000 Euro) und freiwillige Geldzahlungen an die Bewohner (97 000 Euro), wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Abgeordnetenhaus hervorgeht. Der Bezirk hat eine Haushaltssperre verhängt.

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