Johannesstift-Gründer erfand die Tradition: Nur echt mit 26 Kerzen: Die Geschichte vom Adventskranz
Der ursprüngliche Adventskranz hat nicht vier, sondern ganz viele Kerzen. Das Evangelische Johannesstift in Spandau bewahrt die Tradition seines Gründers.
In der Kirche des Spandauer Johannesstifts hat der Adventskranz nicht vier, sondern 26 Kerzen. Warum? Ganz einfach: Genau so viele Tage sind es in diesem Jahr vom ersten Advent zum Heiligen Abend.
Die Tradition geht zurück auf das 1839 und den Erfinder des Adventskranzes Johann Hinrich Wichern: Als Leiter des Rauhen Hauses, einem evangelischen Waisenhaus in Hamburg, befestigte er 1839 an einem Wagenrad vier weiße Kerzen für die Adventssonntage und dazwischen rote Kerzen für die übrigen Tage. Jeden Tag wurde beim Gesang von Weihnachtsliedern eine weitere Kerze entzündet, um den Kindern deutlich zu machen, wie lange es noch bis Weihnachten dauert.
1858 gründete Wichern als Vater der Diakonie in Moabit das Johannesstift als Ausbildungszentrum für Diakone. 1865 konnte ein eigenes Grundstück in Plötzensee erworben werden, das 1910 dem Bau des Westhafens weichen musste. Seitdem gibt es das Evangelische Johannesstift Spandau, idyllisch im Stadtforst gelegen.
Für die Wohnzimmer wurde der Adventskranz verkleinert
Der Adventskranz hatte da längst seinen Siegeszug nicht nur in deutsche Wohnungen gefunden. Aus Platzgründen wurde der inzwischen aus Tannenzweigen geflochtene Kranz für die Wohnzimmer verkleinert und nur noch mit vier Kerzen für die Adventssonntage versehen. Im Johannesstift und anderen diakonischen Einrichtungen hält man sich dagegen an Wicherns Tradition.
Die Stiftgärnterei beliefert den Bundestag mit einem Kranz mit 26 Kerzen
Doch nur mit einem Adventskranz ist es dort nicht getan. In der Stiftsgärtnerei herrscht Hochbetrieb, denn auch die mittlerweile 26 Außenstellen des Johannesstiftes von Hannover bis Eisenach werden mit entsprechenden Adventskränzen beliefert. Und als man 2010 aus Anlass des 100. Geburtstages des Spandauer Johannesstiftes dem Bundestagspräsidenten einen Wichern-Kranz überreichte, fand dieser bei den Parlamentariern so großen Gefallen, dass daraus eine Tradition wurde. So werden der Präsident des Diakonischen Werkes, Ulrich Lilie, und Stiftsvorsteher Martin von Essen am 27. November zusammen mit dem Kinderchor des Johannesstiftes im Reichstagsgebäude einen Kranz mit 26 Kerzen übergeben.
Die erste Kerze wird am 29. November angezündet
In der Stiftskirche wird die erste Kerze am 29. November um 10.30 Uhr im Rahmen des Gottesdienstes entzündet, an den sich von 12 bis 18 Uhr der traditionelle Weihnachtsmarkt anschließt (Bus M45 oder 671 ab Rathaus Spandau). Die nächsten Lichter folgen bei den täglichen Abendandachten um 18 Uhr. Bereits am 27. November um 18 Uhr liest in der Stiftskirche der Benediktinermönch Anselm Grün aus seinem Buch „Versäume nicht dein Leben“. Am 13. Dezember um 14 Uhr findet hier das Adventskonzert der Kinderchöre statt.
Lesen Sie mehr im Tagesspiegel: Die große Übersicht zu den Weihnachtsmärkten, Bezirk für Bezirk, unter www.tagesspiegel.de/weihnachten
Rainer W. During