Geräumtes Flüchtlingscamp in Berlin-Kreuzberg: Nicht alle wollen weg vom Oranienplatz
Nicht alle Flüchtlinge sind einverstanden mit der Räumung des Camps am Oranienplatz. Während das große Aufräumen beginnt, kündigt eine Gruppe von 20 Aktivisten und Flüchtlingen an, weiter auf dem Platz übernachten zu wollen. Die Polizei bleibt präsent.
Tag eins nach der Räumung: In Kreuzberg herrscht am Mittwochmorgen trübes Wetter, die Flüchtlinge vom Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg sind jetzt fort, ihr Camp ist verschwunden. An den Ecken des Platzes steht noch immer ein gutes Dutzend Mannschaftswagen der Polizei, "absolut ruhig" sei die Lage, sagen die Beamten. Auch die Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes sind im Auftrag des Bezirks auf Patrouille. Am frühen Morgen rückt die BSR mit fünf Fahrzeugen an, um den vielen Müll zu beseitigen, der hier noch liegt. Der Auto- und Busverkehr rollt wieder ungestört, einzig die M29 stoppt nicht an der gewohnten Haltestelle, sondern auf der Straße.
Mittags findet eine improvisierte Pressekonferenz von rund 20 Aktivisten auf der gegenüberliegenden Seite des Oranienplatzes statt. Sie kündigen an, den Platz nicht einfach aufzugeben und auch nachts weiterhin hier schlafen zu wollen. Acht Personen hätten bereits in dieser Nacht auf dem Platz übernachtet, seien aber von der Polizei auf die Bänke auf dem Mittelstreifen vertrieben worden.
Auf einem der Bäume harren noch immer drei Aktivisten aus, die mit der Räumung nicht einverstanden sind. Die ganze Nacht haben sie in den Ästen gesessen und dem Regen getrotzt. Die Polizei will sie vorerst da oben lassen. Das sind doch erwachsene Leute, sagt ein Sprecher. Irgendwann kommen sie schon freiwillig runter. Die Polizei bewacht den Baum allerdings so, dass niemand den beiden Männern und einer Frau etwas zu essen bringen kann. Nur eine Flasche Wasser haben die Baumbesetzer.
Auch auf der Mittelinsel des Platzes sitzen am Morgen noch sieben Leute, einer oder zwei davon offenbar Flüchtlinge. Die Polizei nimmt ihre Personalien auf, belässt es dann aber dabei. Auch wenn die Leute auf den Bänken übernachten, will die Polizei nicht eingreifen, sagte ein Sprecher am Mittwoch. "Sobald jemand versucht, Zelte aufzubauen, werden wir aktiv."
Doch nicht überall in Kreuzberg war die Nacht so ruhig wie am Oranienplatz. Am Dienstagabend hatten sich rund 1000 linke Aktivisten zu einer Demo versammelt. Begleitet von einem starken Polizeiaufgebot liefen sie durch die Straßen rund um das Kottbusser Tor, die Zufahrten zum Oranienplatz blieben aber weiträumig abgesperrt.
Zerschlagene Scheiben bei SPD-Zentrale und Coca-Cola-Filiale
Gegen 21.40 Uhr endete der Zug offiziell in der Ohlauer Straße. Doch danach gingen in Kreuzberg noch etliche Scheiben zu Bruch. Laut Polizei traf es ein neues Wohnhaus in der Adalbertstraße, ein Einrichtungsgeschäft am Engeldamm, die Coca-Cola-Niederlassung an der Stralauer Allee, eine Sparkassen-Filiale an der Muskauer Straße und die SPD-Zentrale an der Wilhelmstraße. In allen Fällen ermittelt der Staatsschutz. Zwei Demonstranten nahm die Polizei noch am Abend wegen Widerstands fest, fünf Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs wurden eingeleitet. Acht Polizisten wurden durch Reizgas verletzt.
Carmen Schucker, Torben Waleczek, Thomas Loy