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Diskussionen während der Sitzungsunterbrechung, links die CDU, rechts die SPD.
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Wieder Parteienstreit in der Bezirksverordnetenversammlung: „Muppets-Show“ im Rathaus Spandau

Auch die jüngste BVV am Mittwochabend geriet zur Politposse. Rund eineinhalb Stunden debattierte man über die Probleme einer privaten Kindertagesstätte, um sich am Ende gegenseitig zu blockieren. Die Sache blieb auf der Strecke.

Das Thema schien banal und BVV-Vorsteher Koza (CDU) hätte gewettet, dass der Antrag die Sitzung problemlos passiert. Die ehemalige Kaserne an der Schmidt-Knobelsdorf-Straße ist eines der größten Flüchtlingsquartiere des Bezirks. Dort befindet sich mit der Verbund-Großpflegestelle „Sonnenkinderhaus“ auch eine private Kita in der derzeit elf Kinder betreut werden. Deren Spielplatz wurde kürzlich zum zweiten Mal komplett verwüstet. Denn das angestrebte Miteinander klappt offensichtlich nicht. Die Flüchtlingskinder verfügen bis heute keinen eigenen Spielplatz, immerhin haben ihnen die Kita-Eltern einen Buddelkasten gebaut. Bereits besorgte Spielgeräte durften sie dagegen aus Sicherheits- und Haftungsgründen nicht aufstellen und für eine geordnete, beaufsichtigte Mitnutzung des Kita-Spielplatzes mangelt es an Aufsichtspersonal.

Antrag führte überraschend zum Streit

Vor diesem Hintergrund wollte die CDU-Fraktion das Bezirksamt beauftragen, die Betreiber des „Sonnenkinderhauses“ bei der Suche nach einem Ersatzstandort sowie eventuellen Um- und Rückbauforderungen des Eigentümers der derzeitigen Räumlichkeiten zu unterstützen. Doch völlig überraschend stieß der Antrag auf massiven Widerstand von SPD und Grünen, die sich in Spandau GAL nennen. Beide forderten zunächst eine Überweisung zur weiteren Diskussion in den Jugendhilfe- und den Integrationsausschuss. Nach Hinweis auf die Dringlichkeit und die Tatsache, dass dann vor den Wahlen am 18. September mit keiner Entscheidung zu rechnen sei, sprachen sie sich dann unter Verweis auf ihre politische Grundeinstellung für Gespräche mit dem Ziel eines friedlichen Nebeneinanders und der Integration der Flüchtlingskinder aus.

Parteipolitisches Scharmützel

Die folgenden Debatten entfernten sich immer mehr vom Thema und gerieten wieder einmal zu einem parteipolitischen Scharmützel. Während CDU-Fraktionschef Arndt Meißner die Sozialdemokraten als „Anhängsel der GAL“ titulierte warf SPD-Mann Jens Julius diesem vor, früher von der FDP am „Nasenring“ geführt worden zu sein. Die SPD fordere die Überweisung weil sie wenigstens in den Ausschüssen noch über einen „Restsachverstand“ verfüge, wetterte Meißner worauf Julius konterte, dass dies immer noch besser sei als „kein Sachverstand“. „Hier geht es um das Wohl von Spandauer Kindern, da muss die BVV in der Lage sein, über Parteigrenzen hinweg einem vernünftigen Antrag zuzustimmen“ sagte der parteilose Einzelverordnete Jürgen Kessling, doch sein Ruf verhallte wohl ungehört im Saal. Schließlich hatte Spandau erst kürzlich die „Flughafenkita“ in Gatow verloren.

Kompromissvorschlag abgelehnt

Auch der Kompromissvorschlag der CDU, die Kita beim Erhalt des Standortes oder der Suche nach einem Ersatzstandort zu unterstützen, reichte der rot-grünen Zählgemeinschaft nicht aus. Nach einer ersten Sitzungsunterbrechung präsentierte sie den Gegenantrag, mit den Trägern beider Einrichtungen Gespräche über den Erhalt des Kita-Standortes zu führen. Der wurde von BVV-Vorsteher Koza als unzulässiger Ersetzungsantrag abgelehnt. Daraufhin beantragte die SPD eine erneute Unterbrechung. „Dauert das noch lange“ rief eine genervte Bürgerin von der Zuschauertribüne. „Jetzt wird es richtig lustig, die Muppets-Show ist nichts dagegen“, meinte ein Sozialdemokrat bei der Rückkehr in den Saal. Die SPD legte dann eine modifizierte Formulierung gleichen Tenors vor, die als Änderungsantrag akzeptiert wurde. Weil die anderen Fraktionen die Vorlage des Textes in schriftlicher Form verlangten, musste die Sitzung ein drittes Mal unterbrochen werden.

Pattsituation führte ins Nichts

Nach rund eineinhalb Stunden kam es dann zum Showdown. Weil CDU, Piraten, Linke und Kessling auf die gleiche Stimmenzahl wie SPD und GAL kamen, ergab sich eine Patt-Situation womit alle gegenseitigen Anträge abgelehnt wurden. Trotz des gemeinschaftlichen Wunsches, den Erhalt des „Sonnenkinderhauses“ sicherzustellen, gibt es dazu nun überhaupt keine Äußerung der BVV, ganz so, als hätte es das Thema dort nie gegeben. Jugendstadtrat Gerhard Hanke (CDU) will sich indessen auch ohne Auftrag des Bezirksparlaments weiter um eine Lösung bemühen. „Zum Glück haben wir hier keinen Livestream, so sieht niemand wie sich hier bestimmte Leute zu Deppen der Nation machen“, resümierte der Pirat Lasse Kosiol.

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