zum Hauptinhalt
Polizeiexperten sichern Spuren an einem Wohngebäude am Olivaer Platz. Später wurde dann bekannt, dass es sich nicht um Einschüsse, sondern um Bohrlöcher handelt.
© Cay Dobberke

Schüsse am Olivaer Platz: Kudamm-Kiez unter Schock

Der Kiez nahe dem Kurfürstendamm rätselt über das Geschehen vor einem Café. Bei einer Schießerei auf offener Straße war eine unbeteiligte Passantin von einer Kugel am Bein getroffen worden.

Bekannt war der Olivaer Platz in Wilmersdorf bisher nur durch den Streit um die geplante Neugestaltung, Wilmersdorfer Anwohner protestieren gegen den Wegfall von Parkplätzen neben der Grünanlage. Der Kiez nahe dem Kurfürstendamm ist ruhig, abgesehen vom starken Verkehr in der Lietzenburger Straße. Nun aber zeigen sich Anrainer schockiert über die Schießerei, bei der am Mittwoch gegen 21 Uhr eine unbeteiligte 62-jährige am Bein getroffen wurde. In einem nahen Restaurant ist der Kellner entsetzt über „Skrupellosigkeit“ der Täter.

Keine Einschüsse am Wohnhaus nebenan

Bis zum Donnerstagnachmittag inspizierten Spurensicherer der Polizei den Tatort. An der Einfahrt eines Wohnhauses wurden intensiv fünf Löcher untersucht. Erst später stellte sich heraus, dass es sich nur um Bohrlöcher handelt. Nebenan steht das Café an der Kreuzung Olivaer Platz/Lietzenburger Straße, vor dem zwei Männer aus einem Auto heraus beschossen worden waren.

„Mich überrascht das alles nicht“, sagt Anwohner Jürgen N. Er wohnt an der Kreuzung und berichtet, in den vorigen eineinhalb Jahren habe er „mehrmals Zivilfahnder gesehen, die das Café aus dem Gebüsch gegenüber observierten“. Die Polizei äußert sich dazu bisher nicht.

Am Tag danach. Der Olivaer Platz an der Ecke Lietzenburger Straße. Vor dem Café hatte ein Autofahrer am Vorabend auf zwei Männer geschossen.
Am Tag danach. Der Olivaer Platz an der Ecke Lietzenburger Straße. Vor dem Café hatte ein Autofahrer am Vorabend auf zwei Männer geschossen.
© Cay Dobberke
Die abgesperrte Kreuzung am Mittwochabend. Die Schützen waren zuvor entkommen, über sie ist noch nichts bekannt.
Die abgesperrte Kreuzung am Mittwochabend. Die Schützen waren zuvor entkommen, über sie ist noch nichts bekannt.
© Cay Dobberke

Das Café hatte offenbar schon vor der Schießerei geschlossen

Dafür konnte der Tagesspiegel mit Basri V. sprechen, der das Café derzeit als Vertreter des Besitzers leitet. Er glaubt nicht, dass es sich bei den angegriffenen Männern um Gäste des Cafés handeln könne. Weil „nichts los war“, habe er am Mittwoch vor 21 Uhr Schluss gemacht. Erst als er am Olivaer Platz entlang lief, habe er Schüsse hinter sich gehört.

Das Café werde polizeilich überwacht, bestätigt der Mitbetreiber. Er wisse von zwei früheren Razzien. Dies führt der Kosovare darauf zurück, dass unter den Gästen viele Albaner und andere Osteuropäer seien, die sich teils illegal in Deutschland aufhielten. Von mafiösen Strukturen wisse er dagegen nichts.

Anwohner N. glaubt dagegen an Bandenkriminalität im Kiez. Allein in seinem Haus habe es im Laufe eines Jahres zehn oder elf Einbrüche gegeben, außerdem würden oft Autos aufgebrochen. Womöglich stamme auch das Geld für manche der Luxusautos, die rund um den Ku’damm laut durch die Gegend röhren, aus dubiosen Quellen, mutmaßt er.

Am Mittwochabend war ein dunkles Fahrzeug – laut Polizei wohl ein sogenannter SUV, also ein Geländewagen – am Olivaer Platz vorbeigerollt. Auf Höhe des Cafés wurde aus dem Auto heraus das Feuer auf zwei Männer eröffnet, die auf dem Bürgersteig standen. Anwohner wollen etwa zehn Schüsse gehört haben.

Die Schützen flüchteten

Einer der Beschossenen zog seinerseits eine Waffe und feuerte zurück. Ob er das Auto traf, ist noch unklar. Eine Kugel verletzte jedoch die völlig unbeteiligte Passantin. Sie musste im Krankenhaus operiert werden, war aber nicht in Lebensgefahr. Das Auto brauste über die Lietzenburger Straße in Richtung Uhlandstraße davon. Der Mann, der die Frau angeschossen hatte, flüchtete mit seinem Begleiter zu Fuß in Richtung Württembergische Straße. Am Donnerstagabend hatte die Polizei noch keine Spur zu den Tätern. „Wie immer wird mit Hochdruck ermittelt“, sagte ein Sprecher.

Aus polizeilicher Sicht ist der Platz kein Brennpunkt

Der Olivaer Platz ist nicht als Kriminalitätsschwerpunkt bekannt, allerdings ist die Grünanlage laut Polizei „ein Anziehungspunkt für Randgruppen und unerwünschte Nutzungen“. Gemeint sind vor allem Alkoholiker und Kiffer, die oft in Ecken des unübersichtlichen Parks zu sehen sind.

Laut der Polizeistatistik fielen in Berlin im vorigen Jahr bei 280 Straftaten Schüsse – dabei zählt die Polizei aber auch Schüsse aus Schreckschuss- und Signalpistolen mit. Die Hälfte davon waren Verstöße gegen das Waffengesetz, die Täter hatten in der Öffentlichkeit „herumgeballert“. Bei Tötungs- und Rohheitsdelikten wurde 72 Mal geschossen.

Cay Dobberke, Timo Kather

Zur Startseite