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Vor dem Hochhaus der Stadtentwicklungsverwaltung steht der Fußgängertunnel als Schutz vor Fassadenteilen, die sich lösen könnten.
© Cay Dobberke

Berlin-Wilmersdorf: Kritik an teurem Fußgängertunnel vor der Stadtentwicklungsverwaltung

200 000 Euro kostet die Passage vor dem Hochhaus der Stadtentwicklungsverwaltung in der Württembergischen Straße, die Fußgänger vor herabfallenden Fassadenteilen schützt. Anwohner und der Steuerzahlerbund ärgern sich über den Aufwand.

Es sei „das schönste und aufwendigste Baugerüst, das ich je gesehen habe“, staunt eine Tagesspiegel-Leserin aus der Umgebung des Hochhauses der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt an der Württembergischen Straße in Wilmersdorf. Sie wundert sich über „maßgezimmerte Holzplatten um die Rohrkonstruktion, die sich perfekt dem Gefälle und der Krümmung der Straße anpassen“, die Regenrinnen, die Beleuchtung und die „zentimetergenaue Umschließung der Bäume“.

Tatsächlich hat die tunnelähnliche Passage, an deren Wänden auch Informationstafeln zur Stadtentwicklungspolitik hängen, 200 000 Euro gekostet. Das war jetzt vom landeseigenen Berliner Immobilienmanagement (BIM) zu erfahren. Ist der Preis gerechtfertigt?

Der Tunnel sei wiederverwendbar, heißt es

Die Senatsverwaltung teilte mit, die Sanierung des denkmalgeschützten Hochhauses sei Sache des Immobilienmanagements. Laut BIM-Sprecherin Katja Cwejn zeigte ein Gutachten, dass „die Gefahr herabfallender Fassadenteile besteht“. Der schon vor mehr als einem Jahr installierte Tunnel sei „eine präventive Maßnahme, um Fußgänger zu schützen“. Deshalb gebe es auch ein spezielles Dach.

Das Land Berlin habe die Konstruktion gekauft, sie könne „also auch an anderer Stelle genutzt werden“.

„Standardbauteile hätten genügt“

Das bezweifelt der Bund der Steuerzahler Berlin: „Die behauptete Wiederverwendbarkeit nehme ich der Verwaltung aufgrund der maßgenauen Anpassung an Straßengefälle und Bäume nicht ab“, sagte der Vorsitzende Alexander Kraus auf Nachfrage. Berlin habe „einen Instandhaltungsrückstau an öffentlichen Gebäuden in Milliardenhöhe“, angesichts dessen sei es „unvertretbar, die knappen Mittel in einen derart aufwendigen Fußgängertunnel statt in die eigentliche Sanierung des Hauses zu stecken“. Eine Absicherung mit Standardbauteilen hätte genügt.

„Klar ist: Es wäre bescheidener gegangen“, glaubt auch der Stadtentwicklungsexperte und Vize-Fraktionschef der CDU im Abgeordnetenhaus, Stefan Evers. Üblicherweise würden ja nur Netze gespannt, wenn Passanten durch lose Fassadenteile gefährdet scheinen.

Das Baudenkmal ist sanierungsbedürftig

Unstrittig ist, dass die Fassade und andere Teile des 1957 eröffneten Hochhauses saniert werden müssen. Die Bauarbeiten sollen vom Januar 2017 bis zum März 2019 dauern.

Den 18-stöckigen Bau hatte Architekt Werry Roth mit 700 Büros für bis zu 1500 Mitarbeiter konzipiert. Zeitungen schrieben damals vom „Wolkenkratzer am Fehrbelliner Platz.“. Nebenan gibt es drei sechsstöckige Gebäudeteile.

Das BIM ist seit dem Jahr 2004 für die Bauten zuständig. Im Hochhaus wurde bereits manches in Schuss gebracht und der Brandschutz verbessert.

Die geplante energetische Sanierung der Fassade sei wegen des Stahlbetonskeletts „nicht ohne Tücken“, steht in einer Studie. Ob das Äußere denkmalgerecht instand gesetzt oder nur mit einem „neuen Gesicht“ an heutige energetische Standards angepasst werden kann, bleibe zu klären, hieß es im vorigen Herbst in der Ausschreibung der Arbeiten.

Im Durchgang gibt es auch eine kleine Ausstellung über die Berliner Stadtentwicklung.
Im Durchgang gibt es auch eine kleine Ausstellung über die Berliner Stadtentwicklung.
© Cay Dobberke

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