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Das dringend sanierungbedürftige Rathaus Zehlendorf - ein Fass ohne Boden: 35 Millionen Euro hätte die Sanierung am Ende kosten sollen
© Anett Kirchner

Gescheiterte Rathaussanierung in Steglitz-Zehlendorf: „Im Nachhinein ist man schlauer“

Das Ziel war sehr hoch gesteckt: Die energetische Sanierung des Rathauses Zehlendorf sollte ein Leuchtturmprojekt werden. Dann explodierten die Kosten wegen Planungsmängeln und Haushaltsverstößen. Der Bezirk stoppte das Projekt - da waren aber schon 1.5 Millionen ausgegeben. SPD und CDU streiten nun über die Konsequenzen.

Das gescheiterte Rathaus-Sanierungsprojekt Sarazenu lässt Norbert Buchta offensichtlich nicht zur Ruhe kommen. „Solange keine Einsicht über die Fehler besteht, kann das Thema nicht ruhen“, findet der Fraktionsvorsitzende der SPD in der BVV von Steglitz-Zehlendorf. Wenn etwas schief laufe, müsse das aufgearbeitet werden, um es in Zukunft besser machen zu können. Sonst sei die Gefahr groß, dass so etwas wieder passiere. Die energetische Sanierung des Rathauses Zehlendorf auf Nullheizenergieniveau sollte eigentlich ein Leuchtturmprojekt werden. Aber die Kosten stiegen während der Planungsphase derart in die Höhe – von elf Millionen Euro auf zuletzt 35 Millionen – dass der Bezirk 2011 aus dem Projekt ausstieg. Allerdings waren da schon etwa 1,5 Millionen Euro ausgegeben.

Der Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) will das Thema endlich zu den Akten legen. „Es ist abgeschlossen, denn es gibt nichts Neues zu berichten“, sagt er. Was nicht verwundert, denn vermutlich ist das gescheitere Projekt die bislang größte politische Niederlage der schwarz-grünen Zählgemeinschaft in Steglitz-Zehlendorf.

„Man kann nicht zur Tagesordnung übergehen und so tun, als wäre nichts gewesen“, kritisiert Buchta. Ihm fehlt die inhaltliche Aufarbeitung des Debakels. Er erwarte vom Bezirksbürgermeister das öffentliche Eingeständnis, hier große Fehler gemacht zu haben sowie ein Konzept, damit künftig im Bezirksamt solche Fehler nicht mehr passierten. Auch der Berliner Landesrechnungshof rügte in seinem Bericht 2013 (wir berichteten), dass bei der Planung des Projektes  gravierende Fehlentscheidungen getroffen sowie Haushalts- und Bauvorschriften missachtet wurden.

Uneins über die Gründe für die gescheiterte Sanierung des Zehlendorfer Rathauses: SPD-Fraktionsvorsitzender Norbert Buchta und Bezirksbürgermeister Norbert Kopp, CDU.
Uneins über die Gründe für die gescheiterte Sanierung des Zehlendorfer Rathauses: SPD-Fraktionsvorsitzender Norbert Buchta und Bezirksbürgermeister Norbert Kopp, CDU.
© Anett Kirchner

Dass das Thema in der Tat noch nicht vollständig vom Tisch sein kann, zeigte Ende letzten Jahres eine emotional geführte Debatte in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Es ging um eine Große Anfrage der SPD mit der Überschrift: „Sarazenu – Landesrechnungshof bestätigt schwarz-grünes Versagen“. Anlass war der 2014 erstellte Abschlussbericht des Rechnungshofes, in dem laut SPD die erheblichen Planungsmängel und Haushaltsverstöße noch einmal mit aller Deutlichkeit bestätigt wurden. Daraufhin entstand in der BVV-Sitzung ein heftiger Schlagabtausch zwischen CDU und SPD. Am Ende verließ die SPD-Fraktion vorzeitig und geschlossen die Sitzung. Sie fühlte sich herabgewürdigt, diffamiert und beleidigt, heißt es.

Im Interview mit dem Zehlendorf Blog des Tagesspiegels hält sich der Bezirksbürgermeister dazu bedeckt: „Ich bewerte diese Diskussion nicht.“ Es sei ärgerlich, dass die Sanierung des Rathauses gescheitert sei. Das könne man jetzt aber nicht mehr ändern. „Wo gearbeitet wird, werden auch Fehler gemacht. Im Nachhinein ist man schlauer“, sagt Norbert Kopp. Die Verantwortung für die geplatzte Baumaßnahme übernehme das Bezirksamt. Und es könne davon ausgegangen werden, dass der Bezirk ein derartiges Projekt auf diese Art und Weise nicht mehr starte.

Der Bezirk stieg schließlich aus dem Projekt aus - nachdem er 1,5 Millionen Euro in die Sanierung des Rathauses gesteckt hatte
Der Bezirk stieg schließlich aus dem Projekt aus - nachdem er 1,5 Millionen Euro in die Sanierung des Rathauses gesteckt hatte
© Anett Kirchner

Rückblickend, so sagt er weiter, hätte man die Sanierung als investive Baumaßnahme und nicht – wie geschehen – als bauliche Unterhaltungsmaßnahme einstufen müssen. Denn dafür gälten andere gesetzliche Vorschriften, zum Beispiel in Bezug auf die Beantragung von Fördergeldern. Aus diesem Blickwinkel betrachtet erklärten sich auch die Ergebnisse im Bericht des Rechnungshofes. Dort werde von Anfang an von einer investiven, großen Baumaßnahme ausgegangen. „Unser Ziel war jedoch eine energetische Sanierung, vor allem der Außenhülle des Rathauses, also eine klassische Unterhaltungsmaßnahme“, erklärt Kopp.

Erst im Laufe des weiteren Verfahrens sei festgestellt worden, dass auch Teilbereiche im Inneren des Gebäudes baufällig waren, demnach eine Grundinstandsetzung nötig gewesen sei. „So ein Großprojekt hätten wir aber gar nicht erst angefangen, weil uns das Geld dafür fehlt“ sagt der Bürgermeister. Norbert Buchta findet es indessen grob fahrlässig, dass das Bezirksamt angenommen habe, es handle sich um eine Unterhaltungsmaßnahme. Nach seiner Ansicht sei immer klar gewesen, dass die Baumaßnahme das komplette Rathaus betroffen hätte; innen und außen.

Ferner spricht er von einer „faktischen Entmachtung des zuständigen Bezirksstadtrates“. Denn das Projekt sei zu weiten Teilen unter der Federführung des Umweltamtes gelaufen. „Ohne fachliche Zuständigkeit wurden dort Verträge ausgehandelt, vergeben und untergezeichnet“, sagt Buchta. Ferner habe eine Steuerungsrunde unter der Leitung des Bezirksbürgermeisters die Bauplanung koordiniert. Auch von dort seien Aufträge erteilt worden. „Bedenken der Baufachabteilung zur Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit des Projektes wurden hingegen weder diskutiert noch ernst genommen“, so der Fraktionschef.

Norbert Kopp bestätigt, dass es im Vorfeld der Planung eine Phase gab, in der das Umweltamt die Federführung gehabt habe. Grund seien in der Anfangsphase speziell die energetischen Fragen gewesen. Der damalige zuständige Baustadtrat habe das Projekt jedoch die ganze Zeit mitgetragen. „Hier soll der Eindruck erweckt werden, dass die Bauabteilung nichts damit zu tun hatte“, sagt Kopp.

Es gibt etliche weitere Punkte, in denen sich Norbert Buchta und Norbert Kopp nicht einig sind, beispielsweise über den Zeitpunkt, wann das Projekt gestoppt wurde. Das klingt nach einer unendlichen Geschichte. Der Schwarze Peter wird hin und her geschoben. Was bleibt, ist eine zweite, deutliche Rüge der unabhängigen Experten des Landesrechnungshofes. Das Bezirksamt kommentiert dazu: „Wir haben die Ausführungen zur Kenntnis genommen, kritisieren jedoch, dass der Rechnungshof in keiner Weise auf die im Zuge des Prüfverfahrens geäußerten Einwendungen des Bezirksamtes eingegangen ist.“

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.

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