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Schon verliebt?
© Imago

Zehlendorf: Wenn bei Kindern nur die Liebe zählt: I love ju!

Wieder vier Jahre alt sein und in die Kita gehen. Oder wieder Grundschulkind sein. Das wär's, findet unsere Autorin. Denn dort geht es manchmal schon um die große Liebe.

Im tiefsten Berliner Winter scheint hier gerade Frühling zu sein - meine Kinder sind verliebt. Oder wehren sich dagegen oder sind bereits Mini-Ehen im Kindergarten eingegangen. Kürzlich öffnete ich den Briefkasten, und ich fand einen Brief für meinen Sohn. „Für Sebastian“ stand drauf mit einem Herz als I-Punkt. Okay, auch mit „Top-Model“-Stickern, aber ich hatte einen Verdacht. Das war wahrscheinlich keine Geburtstagseinladung, also ließ ich den Brief ungeöffnet und legte den ihn auf den Platz meines Sohnes am Esstisch.

Zu Hause angekommen, nahm Sebastian ihn, lächelte wissend und ging damit in sein Zimmer. Ich konnte mich tatsächlich zurücknehmen und sagte erst mal nichts, drei Minuten lang. Zum Glück kam mein Sohn dann wieder aus seinem Zimmer heraus, legte den Brief auf den Tisch uns seufzte tief. Ich warf einen Blick auf den Zettel, auf dem „I love ju“, stand.

Ich wollte Sebastian schon beglückwünschen, da sagte er, wieder seufzend: “Weißt Du Mama, es ist echt anstrengend, wenn die GANZE Klasse in einen verknallt ist.“

Mhh, tatsächlich weiß ich das nicht (mehr). Es ist schon lange her, dass höchstens ein Fünftel der Klasse in mich verknallt war. Oder war es ein Sechstel? Und dann bekam ich Liebesbriefe, in denen die Jungs ihre Liebesoffenbarungen mit Tipp-Ex unsichtbar machten. Das war auch anstrengend, dann immer mit der Nagelfeile den wahren Inhalt der Briefe wieder aufzurubbeln.

Die Mädchen von heute scheinen da mutiger zu sein. Mehrfach die Woche stehen Sebastians Klassenkameradinnen giggelnd vor der Tür und fragen mich strahlend, ob er denn rauskommen könne.

„Freue Dich mein Schatz, es ist gut, Auswahl im Leben zu haben“, sagte ich zu ihm, typisch pragmatische Sohn-Mutter.

„Aber wir sind doch noch KINDER, Mama“, antwortete Sebastian, um die heutige Jugend scheinbar sehr besorgt. „Oder bin ich etwa schon in der Pubertät?!“

„Nein, mein Schatz, aber das wird eine schöne Pubertät für Dich werden, glaub mir.“

Nina Massek bloggt als "Fraumutter" und schreibt für den Tagesspiegel-Zehlendorf.
Nina Massek bloggt als "Fraumutter" und schreibt für den Tagesspiegel-Zehlendorf.
© Anett Kirchner

Constanze ist uns beiden um Lichtjahre voraus. Sie hat im Kindergarten schon einen festen Freund - oder mehrere, ganz wie man es nimmt. Auf die Frage, ob sie den Leon gerne mag, war ihre Antwort: „Ich liebe den und den heirate ich auch.“ Aber der Max wäre ja auch ganz nett? „Nein, der will mich nicht auf der Treppe küssen. Der ist nichts für mich. Paul habe ich auch mal geküsst, aber nur einmal.“

Ähm, wie bitte….? „Küsst Ihr Euch schon?“ Da war ich jetzt aber etwas geschockt, ganz die besorgte Tochter-Mutter.

„Ja klar, wieso denn auch nicht?“ In der Tat ist hat Leon mehrfach und nachhaltig seine Liebe erklärt. „Constanze, wenn meine Mutter da ist, liebe ich die, aber ansonsten NUR DICH.“ Ich möchte auch mal wieder vier Jahre alt sein und in den Kindergarten gehen.

Meine Tochter hat so Recht. Warum sich mit Max und Konsorten aufhalten? Du willst mich nicht auf der Treppe küssen? Ich habe dann leider heute kein Foto für Dich… Leon liebt sie, und wenn alle Stricke reißen, ist da ja immer noch Paul. Ich hoffe, das bleibt so für Constanze und sie verschwendet keine Zeit an Unentschlossene, Volltrottel die „Freiraum“ benötigen oder Liebesbrief-Schreiber mit Tipp-Ex…

Beim Thema Liebe mache mir heute noch keine Sorgen um meine Kinder.

Unsere Autorin bloggt regelmäßig unter www.frau-mutter.com. Im November erschien ihr erstes Buch: Eine Mama am Rande des Nervenzusammenbruchs. 281 Seiten, 9,99, Goldmann-Verlag. Der Text erscheint auf Tagesspiegel-Zehlendorf, dem digitalen Stadtteilportal aus dem Südwesten.

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Nina Massek

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