Fotoschau im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf: Gerda Schimpfs Gespür für Porträts
Prominente und Politiker standen einst vor der Kamera von Gerda Schimpf. Jetzt zeigt das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim eine Auswahl mit Frauenporträts.
Das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf präsentiert ab Mittwoch, 15. Februar, die Fotografin Gerda Schimpf (1913 bis 2014) mit der Ausstellung „Sehen lernen“ in der Villa Oppenheim, Schloßstraße 55. Schimpf porträtierte im West-Berlin der 1940er bis 1970er Jahre viele Prominente. Dazu gehörten die erste und bislang einzige Bürgermeisterin von Berlin, Louise Schroeder, und Künstler wie Bernhard Heiliger, Eva Schwimmer, Karl Hofer, Heinz Trökes oder Renée Sintenis.
Auch als Werbefotografin für die AEG machte sich Gerda Schimpf einen Namen. Die gebürtige Dresdenerin wuchs in Leipzig auf, in Berlin lehrte sie später am Berliner Lette-Verein und gehörte der Kommission für die Gesellen- und Meisterprüfung für Fotografie an. In der Nazizeit war sie die Geliebte des als „entartet“ diffamierten Künstlers Malers Max Schwimmer, der ihr rund 500 illustrierte Liebesbriefe schrieb. 1937 zog Gerda Schimpf nach Berlin, bis zu ihrem Tod im Alter von 101 Jahren wohnte sie am Kaiserdamm – zeitweilig auch zusammen mit Schwimmers Ex-Frau Eva, die ihre beste Freundin geworden war.
Ein freier, schöner Mensch
„Gerda Schimpf ist sehr alt geworden, eine drollige Alte war sie nie, sondern ein freier, schöner Mensch“, stand in einem Nachruf des Tagesspiegels. Nur wenige Monate vor ihrem Tod erzählte sie ihre Lebensgeschichte in einem Video-Interview des Lette-Vereins. Auch die Ausstellungs-Kuratorinnen Christine Kahlau und Irja Krätke lernten die Fotografin in deren letztem Lebensjahr kennen und überzeugten sie davon, ihre Sammlung aus rund 10.000 Fotos öffentlich zugänglich zu machen.
Die Ausstellung ist aber keine große Retrospektive, sondern besteht aus „nur“ 27 ausgewählten Fotos. Zum einen liegt dies daran, dass die Kuratorinnen bisher nur Teile des Nachlasses sichten konnten. Immerhin sei anscheinend alles „in kleinen Schächtelchen ordentlich beschriftet“, freuen sich Kahlau und Krätke. Die Schau im Bezirksmuseum sei „die erste Etappe auf unserem sehr langen Weg, wir wollen alles digitalisieren“. Später soll daraus eine Dauerausstellung werden, auch ein Buch und ein Online-Katalog sind angedacht.
Porträts für den Frauentag
Im Bezirksmuseum wurde die Ausstellung mit Blick auf den Internationalen Frauentag am 8. März konzipiert. Museumsleiterin Sabine Witt betont: „In einer Zeit, in der Unabhängigkeit und Berufstätigkeit für ledige Frauen keineswegs selbstverständlich waren, führte Gerda Schimpf als Künstlerin und Fotografin ein beachtlich selbstbestimmtes und eigenständiges Leben.“ Schimpf blieb unverheiratet und kinderlos, hatte aber einen großen Freundeskreis.
Die Ausstellung zeigt auch namentlich nicht bekannte Frauen aus der frühen Nachkriegszeit, darunter eine Krankenschwester im Virchow-Klinikum, eine Mutter mit Kind und eine britische Soldatin. Als einziger Mann ist Bernhard Heiliger auf einem Bild in seinem Atelier zu sehen, wo er den Kopf der Fotografin modelliert hatte und neben der Skulptur steht.
Inzwischen sei Gerda Schimpf „etwas in Vergessenheit geraten“, bedauert Sabine Witt, ihre Karriere sei nach der Lehrzeit am Lette-Verein nicht wieder richtig in Schwung gekommen.
Zur Vorgeschichte der Ausstellung gibt es am 8. März ab 18 Uhr ein „Werkstattgespräch“ mit den Kuratorinnen. Die Schau läuft bis zum 23. April (Eintritt frei, Di. bis Fr. 10–17 Uhr, Sa., So. 11–17 Uhr).