Containerdorf in Steglitz-Zehlendorf eröffnet: Diese Unterkunft ist anders als andere
Die ersten Flüchtlinge sind in die Containerunterkunft am Ostpreußendamm eingezogen. Etwa zwei Drittel der neuen Bewohner gelten als besonders schutzbedürftig. Die besondere Gestaltung der Unterkunft war allen Beteiligten daher besonders wichtig
„Das Wichtigste ist der Geist, den man in ein Gebäude hineinträgt“, sagt Gisela Netzeband und meint die fertig gestellte Containerunterkunft für 300 Flüchtlinge am Ostpreußendamm in Lichterfelde. Wertschätzung und Sinnstiftung seien für ein gutes Miteinander wichtig. So soll hier beispielsweise ein Garten angelegt werden, in dem die Flüchtlinge mitarbeiten und selbst etwas anbauen können. Das großzügige Grundstück ermögliche zudem besondere Angebote für Jugendliche. Die angrenzende „Dirtbahn“ für BMX-Räder und Mountainbikes der Jugendwerkstatt Ostpreußendamm könne von den künftigen Bewohnern mit genutzt werden. Außerdem soll noch ein Spielplatz und ein Feld für Beachvolleyball angelegt werden.
Während die letzten Bauarbeiten, insbesondere an den Außenanlagen im Moment noch laufen, sind die ersten Bewohner bereits eingezogen. Die genaue Zahl möchten die Verantwortlichen jedoch nicht nennen, um die Flüchtlinge zu schützen. „Sie sollen erst einmal in Ruhe ankommen und sich eingewöhnen“, sagt eine Sprecherin. Sie gehe davon aus, dass die Wohnanlage bis Ende September voll belegt sein werde. Am vergangenen Wochenende konnten sich Anwohner und Nachbarn bei einem Tag der offenen Tür ein eigenes Bild von der Containerunterkunft machen. Etwa 1000 Besucher nutzten die Gelegenheit, heißt es in einer Pressemitteilung.
Gisela Netzeband ist die Geschäftsführerin der im Juni neu gegründeten MILaa gGmbH, einer Tochtergesellschaft des Evangelischen Diakonievereins Berlin-Zehlendorf, die die Flüchtlingsunterkunft betreibt. MILaa wurde gegründet, um sich schwerpunktmäßig um Flüchtlingsarbeit zu kümmern, erklärt Jan Dreher, kaufmännischer Vorstand des Diakonievereins. Der Name steht für „Miteinander leben, aber anders“. Zuvor war die Neue Treberhilfe (NTH) in Berlin - ebenfalls eine Tochter des Diakonievereins und mit derselben Geschäftsführung - an der Planung und dem Aufbau der Unterkunft beteiligt (wir berichteten).
Die Umsetzung des Projektes erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Bauherrn, dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), dem Stadtteilzentrum Steglitz, das sich um die Nachbarschaftsarbeit kümmert, und dem Bezirksamt.
Für alle Beteiligten war es eine Herzensangelegenheit, dass diese Unterkunft anders aussieht als andere, teilen der Diakonieverein und das Stadtteilzentrum Steglitz mit. Denn etwa zwei Drittel der Menschen, die hier einziehen werden, gälten als besonders schutzbedürftig. Dazu zählten unter anderem allein stehende Frauen mit Kindern, Behinderte, Schwangere, Homosexuelle und traumatisierte Menschen. Die Containeranlage sei speziell für diese Schutzbedürftigen konzipiert worden. Und auch die Betreuung falle intensiver aus als in anderen Einrichtungen.
Ansonsten habe man beim Aufbau der Unterkunft auch die Erfahrungen aus bereits realisierten Containerdörfern in Berlin einbezogen. Zum Beispiel sei bei der Gestaltung der Fassade darauf geachtet worden, dass die einzelnen Wohnmodule leicht versetzt angeordnet sind. Um das äußere Erscheinungsbild dezent farbenfroh und freundlich wirken zu lassen, seien Pastellfarben in blau, grün und gelb eingesetzt worden. Im Innern erinnert die Einrichtung an ein Fertighaus, heißt es weiter. Die drei Etagen der beiden Gebäude können jeweils über zwei Treppenhäuser erreicht werden - anders als in anderen Einrichtungen, bei denen oftmals die Treppen außen am Gebäude angebracht sind.
Lange Flure wurden vermieden, erklären die Beteiligten. Die Etagen seien farblich unterschiedlich gestaltet. Das soll vor allem Kindern die Orientierung erleichtern. So gibt es die grüne Etage im Erdgeschoss mit Gemeinschaftsräumen, Spiel- und Hausaufgabenzimmern, Beratungs- und Betreuungsräumen sowie Abstellkammern für Kinderwagen und Sachspenden. In der blauen Etage im ersten Obergeschoss werden vor allem allein reisende Männer untergebracht. Die gelbe Etage im zweiten Obergeschoss ist für Familien und Frauen mit Kindern vorgesehen. Zudem wird es vier behindertengerechte Wohnräume mit Toiletten für insgesamt acht Personen geben.
Die reine Bauzeit betrug laut Diakonieverein zwei Monate. Die Einrichtung am Ostpreußendamm sei zunächst für zwei Jahre genehmigt worden. Es ist eine von insgesamt sechs Containerunterkünften für Flüchtlinge in Berlin – zwei davon stehen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf: am Ostpreußendamm in Lichterfelde und am Hohentwielsteig in Zehlendorf.
Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Tagesspiegel Zehlendorf. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.