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Das Hundeverbot an Zehlendorfer Seen ruft Obrigkeitsdenken hervor, findet unsere Autorin. Für sie ist der soziale Frieden im Wald wegen des Verbots gestört
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Hundeverbot an Zehlendorfer Seen: Der soziale Frieden in unserem Wald ist dahin

Es wird gepöbelt und gerempelt - Hundebesitzer an Schlachtensee und Krummer Lanke werden zum Teil gejagt wie Freiwild. Unsere Autorin findet: Die Politik hat versagt.

Eins vorneweg: Ich mag Hunde, trotzdem komme ich mit dem Hundeverbot an Krumme Lanke und Schlachtensee erst mal zurecht. Womit ich nicht zurechtkomme, ist der hasserfüllte Umgang, den Nicht-Hundehalter und Hundebesitzer derzeit hier im Wald miteinander „pflegen“. Wobei ich beobachte, dass es überwiegend Nicht-Hundehalter sind, die Hundebesitzer anfeinden.

Wenn letztere die seit Mitte Mai geltende Richtlinie (in gelb markierten Zonen: Hunde an die Leine!, in rot markierten Zonen: Hunde raus!) nicht befolgen, werden sie von Nicht-Hundehaltern zunehmend offen angepöbelt. Und es kommt auch zu Handgreiflichkeiten (sogar gegenüber Kindern) – eine Hundebesitzerin wurde kürzlich gar in den See gestoßen. Der soziale Frieden in unserem Wald ist dahin. Wir sind – ganz im ursprünglichen Sinne der alten deutschen Redensart - völlig auf den Hund gekommen.

Interessant ist dabei, dass solcherlei rüde Verhaltensweisen erst zutage treten, seitdem das Hundeverbot offiziell von der Politik verordnet wurde. Daraus lässt sich ableiten, dass es sich hierbei offensichtlich um eine Form der Obrigkeitshörigkeit handelt.

Wer mit seinem Hund unangeleint in der Hundeverbotszone am Schlachtensee oder an der Krummen Lanke unterwegs ist, muss sich von anderen Passanten einiges bieten lassen
Wer mit seinem Hund unangeleint in der Hundeverbotszone am Schlachtensee oder an der Krummen Lanke unterwegs ist, muss sich von anderen Passanten einiges bieten lassen
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Denn durch das von oben angeordnete Hundeverbot wähnen sich mit einem Mal jene stark und im Recht, die bisher eine eher latent ablehnende, jedoch nicht offen aggressive Haltung gegenüber Hunden und deren Besitzern hatten. Sie fühlen sich durch die Verbotsregelung rechtmäßig autorisiert. Und weil sie sich so fühlen, agieren sie auch so.

Dass dies ein wohlbekannter menschlicher Mechanismus ist, ist ein alter Hund. Dass dies ein gefährlicher Mechanismus sein kann, ebenso. Die Menschheitsgeschichte zeugt davon. Wie oft hat ein von der herrschenden Obrigkeit verordnetes Gesetz quasi über Nacht das Verhalten der Bevölkerung manipuliert und die Menschen zu Tätern und Opfern werden lassen. Denn, wenn man das Recht auf seiner Seite weiß, weil die Macht einen ermächtigt hat, ist es ein Leichtes, sich gegen Andersdenkende, Andershandelnde und Andersfühlende offen zu positionieren. Schließlich steht man ja auf der richtigen Seite! Dabei ist zu bedenken: Nur weil etwas offiziell verboten ist, muss es noch lange nicht unrecht sein.

So, und nun kommt's: Mir geht es ebenfalls so. Auch ich bin nicht frei von derlei dumpfen Aggro-Gefühlswallungen. Zwar pöbele und rempele ich keine Hundebesitzer an, die sich illegal am See und im Wald bewegen, doch da sind sofort Gedanken wie: Ist verboten! Hau ab! Lein den Köter an!

Als mir kürzlich bewusst wurde, was da in meinem Kopf abläuft und dass auch ich diese obrigkeitshörige Mentalität in mir trage, erschrak ich über mich selbst. Doch kommt es ja darauf an, was man daraus macht. Man muss dem ja nicht nachgeben, sondern kann sich vielmehr für einen trotz allem fairen Umgang miteinander einsetzen. Denn: Wie es in unseren Wald hineinruft, so schallt es heraus. Das ist von Nicht-Hundehaltern und Hundebesitzern zu wünschen. Letztere sind wirklich auch nicht alle Engel, das ist bekannt, allerdings haben sie zur Zeit – wegen des offiziellen Hundeverbotes – einen schwereren Stand. 

Doch der soziale Unfrieden an Krumme Lanke und Schlachtensee wird wohl noch länger anhalten. Zu unversöhnlich stehen sich Nicht-Hundehalter und Hundebesitzer gegenüber. Die Politiker hätten wissen müssen, dass totalitäre Lösungen (hier: ein kompromissloses Hundeverbot) einer Entmündigung der Bürger gleichkommt und noch dazu nie das Miteinander, sondern immer das Gegeneinander fördern. In diesem Falle ist eine Stigmatisierung und Ächtung der Hundebesitzer die Konsequenz. Die Politiker haben versagt, weil es Ihnen an Weitsicht und leider auch an Menschenkenntnis mangelt.

Nicki Pawlow ist Schriftstellerin und lebt mit ihrer Familie in Berlin-Zehlendorf. Sie schreibt regelmäßig für den Tagesspiegel über die alltäglichen Dinge des Lebens. Zuletzt erschien ihr Roman „Der bulgarische Arzt“ (Langen Müller Verlag, München 2014). Folgen Sie Nicki Pawlow auch auf Twitter!

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