Berlin-Kreuzberg: Das Flüchtlingscamp am Oranienplatz verschwindet
Das Ringen um eine Lösung für das Flüchtlingscamp am Oranienplatz in Berlin hat offenbar ein Ende. Die Flüchtlinge sollen selbst das Camp räumen, dafür werden ihnen Einzelfallprüfungen ihrer Asylverfahren zugesichert. Eine Frist, bis wann die Zelte abgebaut werden müssen, gibt es nicht.
Die Verhandlungen von Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) mit den Flüchtlingen waren erfolgreich. Gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) präsentierte sie am Dienstag das Ergebnis. Vereinbart wurde, dass die Flüchtlinge selber die Zelte und Hütten auf dem Oranienplatz abbauen sowie die besetzte Schule in der Reichenberger Straße räumen. Die Möglichkeit, den Oranienplatz als eine "Informations- und Protestplattform für die Rechte von Flüchtlingen" zu nutzen, soll es weiter geben. Im Gegenzug wurde ihnen zugesichert, dass ihre Asylverfahren mit Einzelfallprüfungen begleitet werden. Außerdem sollen sie eine Unterstützung durch Sozialverbände bekommen. Die Wohnheimplätze über die Kältehilfe sollen verlängert werden. Auch für die Flüchtlinge aus der Schule in der Reichenberger Straße werden jetzt Unterbringungsmöglichkeiten gesucht.
Eine Frist, bis wann das Camp geräumt werden soll, wurde nicht festgesetzt. Der Regierende Bürgermeister Wowereit sagte, er gehe davon aus, dass alle Interesse haben, die Vereinbarung zügig umzusetzen. Insgesamt betrifft die Vereinbarung 467 Flüchtlinge. Rund 200 von ihnen sind über Lampedusa eingereist und haben dort italienische Aufenthaltspapiere bekommen. Andere haben Asylanträge in anderen Bundesländern gestellt, einige von ihnen haben auch bereits Ablehnungsbescheide erhalten.
Noch bis in die Mittagsstunden des Dienstags verhandelte Integrationssenatorin Dilek Kolat noch mit den Flüchtlingen über das Angebot des Senats. Demnach sollen diese das Camp sowie die besetzte Schule in der Reichenberger Straße selber räumen. Dann sagt der Senat Einzelfallprüfungen für die Asylverfahren zu. Dabei soll es auch Unterstützung durch Sozialverbände geben. Bereits in der vergangenen Nacht hat Kolat mit den Flüchtlingen gesprochen. Die Vereinbarung soll sowohl von Kolat als auch von den Flüchtlingen unterschrieben werden. Die Senatspressekonferenz, die zunächst für 13 Uhr angesetzt war, hatte sich zunächst verschoben.
Das könnte auch daran liegen, dass die Haltung der Flüchtlinge nicht einstimmig ist. Am Dienstagmittag waren rund 20 von ihnen zum Oranienplatz gekommen, um über Kolats Papier zu diskutieren. Die Haltung bei den meisten war eher ablehnend. Er habe gehofft, dass diejenigen, die mit dem Senat verhandeln, das Angebot nicht unterschreiben, sagte ein Flüchtling. Denn dieses sei nur für einen Teil der Betroffenen akzeptabel. "Sie sprechen nicht für uns alle", sagte er.
Das Flüchtlingscamp am Oranienplatz besteht bereits seit knapp anderthalb Jahren. Immer wieder hatte es seitdem Streit zwischen dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und dem Senat darüber gegeben, wie mit dem Problem umgegangen wird. Insbesondere Innensenator Frank Henkel warf der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) Versagen und Untätigkeit vor.